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Studie: Deutsche kritisieren die Demokratie

Die Bevölkerung in Deutschland ist so unzufrieden wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Sowohl mit der sozialen Sicherung als auch mit dem persönlichen Einkommen stehen die Deutschen auf Kriegsfuß - und ganz besonders unglücklich sind sie mit der Demokratie.

Auf einer Skala von null bis zehn lag die Zufriedenheit mit der sozialen Sicherung im Westen der Republik im Schnitt zuletzt bei 5,5 und im Osten bei fünf, wie aus dem am Mittwoch in Berlin vorgelegten "Datenreport 2008" hervorgeht. Dabei seien Bürger mit höherer Bildung und hohem Einkommen noch vergleichsweise zufrieden. Dagegen sei bei Einkommensschwachen und Arbeitslosen sowie der - das Sozialsystem maßgeblich finanzierenden - Altersgruppe der 35- bis 59-Jährigen die Unzufriedenheit besonders ausgeprägt.

Das subjektive Wohlbefinden der Bürger mit ihren eigenen Lebensumständen habe sich in den letzten Jahren insgesamt nur unwesentlich verändert, erklärten die Forscher. Mit ihrer Wohnung (7,7 in West- und 7,5 in Ostdeutschland) sowie ihrem Familienleben (7,5 im Westen und 7,4 im Osten) seien die Menschen in Deutschland noch am zufriedensten. Am unteren Ende der Skala liegt dagegen das Haushaltseinkommen, das demnach eher für Unzufriedenheit sorgt (6,2 in West- und 5,2 in Ostdeutschland).

Bürger sind unzufrieden mit der Demokratie

Noch unzufriedener als mit ihrem Einkommen seien die Bürger allerdings mit der Demokratie. Die im Jahr 2005 gemessenen Werte von 5,2 in West- und 3,9 in Ostdeutschland wiesen auf "ein besorgniserregend niedriges Niveau der Demokratiezufriedenheit" hin, erklärten die Mitherausgeber Roland Habich vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung und Heinz-Herbert Noll von der Gesellschaft sozialwissenschaftlicher Struktureinrichtungen. Noch deutlich demokratieverdrossener als der Durchschnitt seien Personen mit niedrigem Bildungsgrad, Geringverdiener und Arbeitslose.

Bleibe die Demokratiezufriedenheit auf diesem niedrigen Niveau, könnte "die Perspektivlosigkeit einzelner Bevölkerungsgruppen und deren Abkopplung vom allgemeinen Wohlstandsniveau ein Risiko und Konfliktpotenzial für die Demokratie insgesamt darstellen", erklärten Habich und Noll.

Ausgehen ist Trend

Der auch vom Statistischen Bundesamt und der Bundeszentrale für politische Bildung mit herausgegebene Datenreport beschreibt außerdem den Trend eines sinkenden politischen Interesses und einer schwindenden politischen Teilhabe der Bürger. Neben der schon seit längerem sinkenden Wahlbeteiligung zeige sich dies etwa im Mitgliederrückgang von Gewerkschaften auf rund zehn Prozent der Bevölkerung. Auch Parteien hätten Mitgliederverluste zu beklagen und zählten inzwischen nur noch gut zwei Prozent der Wahlberechtigten zu ihren Mitgliedern.

Besser als die politische gestalte sich immerhin die soziale Integration, hoben die Forscher hervor. Der soziale Zusammenhalt sei anscheinend deutlich besser als sein Ruf. So träfen sich 50 Prozent der Deutschen mindestens einmal pro Woche mit Freunden, Verwandten oder privat mit Arbeitskollegen, und drei Viertel wüssten außerhalb ihres eigenen Haushalts noch jemanden, auf dessen Hilfe sich bei Bedarf verlassen könnten. Nur eine verschwindend kleine Minderheit gibt demnach an, bei Krankheit, persönlichen Problemen oder Niedergeschlagenheit auf niemanden zählen zu können. (sba/AFP)

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