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Der russische Präsident Wladimir Putin.

© Reuters

Studie zu Einflussnahme Russlands in Schweden: Drohungen und gefälschte Briefe

Wissenschaftler und Sicherheitsexperten in Schweden sehen eine gezielte Kampagne Russlands, um die politische Debatte im Land zu beeinflussen.

Der Brief, der im Februar 2015 in den sozialen Medien auftauchte, sollte in Schweden Aufsehen erregen: Er stammte angeblich vom schwedischen Verteidigungsminister Peter Hultqvist und war an den Chef des größten Rüstungskonzerns des Landes adressiert. In dem Schreiben legte der Verfasser dem Konzern die Lieferung von Waffen an die Ukraine nahe. Allerdings enthielt der Brief Fehler und Ungereimtheiten: Der als Empfänger genannte angebliche Firmenchef war schon seit längerer Zeit nicht mehr im Amt. Unklar war auch, warum ein schwedischer Minister einem anderen Schweden nicht in ihrer gemeinsamen Muttersprache, sondern auf Englisch schreiben sollte. So wurde der Brief schnell als Fälschung entlarvt. Dennoch geisterte die Geschichte von den angeblichen schwedischen Waffenlieferungen für die Ukraine weiter durch das Internet – aufgegriffen wurde sie besonders von kremlnahen Medien. Aus Sicht von zwei schwedischen Wissenschaftlern vom Institut für internationale Angelegenheiten in Stockholm ist diese Geschichte ein Beispiel für Russlands Versuche, mit Hilfe von Desinformation und gefälschten Nachrichten die politische Debatte in Schweden zu beeinflussen.

Sollte Annäherung an die Nato verhindert werden?

Die gerade veröffentlichte Studie „Russlands Strategie der Einflussnahme durch Public Diplomacy und aktive Maßnahmen: der Fall Schweden“ kommt zu dem Ergebnis, dass Russland seit 2014 den Versuch gemacht habe, vor allem in zwei Bereichen die Entscheidungsprozesse in Schweden im eigenen Interesse zu lenken: bei der Zusammenarbeit Schwedens mit der Nato und der schwedischen Unterstützung für die Ukraine. Das Instrumentarium reichte nach Angaben der Autoren Martin Kragh und Sebastian Asberg von militärischen Drohungen über Desinformation bis hin zu sogenannten Einflussagenten, also Personen oder Organisationen, die die Position Moskaus verbreiten. Die Beobachtungen legten, so die Studie, eine „koordinierte Kampagne“ nahe.

Vergleich mit Vorgehen des KGB

Die schwedischen Wissenschaftler gehen von der Annahme aus, dass in der heutigen russischen Außenpolitik bekannte Verhaltensmuster aus der Zeit des Kalten Krieges wieder zum Einsatz kommen. Moskau habe in Schweden „aktive Maßnahmen“ angewandt. Dieser Begriff, der vom sowjetischen Geheimdienst KGB geprägt wurde, bezeichnet Versuche der verdeckten Einflussnahme in anderen Staaten.

Im vergangenen Jahr hatte Schwedens Nachrichtendienst Säpo kurz vor einer Parlamentsentscheidung über eine verstärkte Zusammenarbeit des Landes mit der Nato eine Zunahme verdeckter Aktivitäten von russischer Seite registriert. Der Chef des schwedischen Militärgeheimdienstes, Gunnar Karlson, sagte im Dezember, die schwerwiegendsten „Einflussoperationen“ in Schweden kämen aus Russland.

Bericht über "russische Einflussaktivitäten" in Deutschland

Fast zeitgleich war das Bundesamt für Verfassungsschutz mit ähnlich warnenden Worten an die Öffentlichkeit gegangen. Seit dem Beginn der Ukraine-Krise sei in Deutschland ein erheblicher Anstieg russischer Propaganda- und Desinformationskampagnen zu verzeichnen. Gemeinsam mit dem Bundesnachrichtendienst haben die Verfassungsschützer einen Bericht zu „russischen Einflussaktivitäten“ in Deutschland verfasst. Auf Wunsch der Bundesregierung sollten sie prüfen, „ob die russische Regierung mit geheimdienstlichen Mitteln die politische Debatte und die öffentliche Meinung in Deutschland zu beeinflussen versucht“, wie aus einer Antwort der Regierung auf eine kleine Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag hervorgeht.

Der Bericht von BND und Verfassungsschutz liegt der Bundesregierung seit einiger Zeit vor. Die Prüfung sei aber noch nicht abgeschlossen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Welche Konsequenzen die Bundesregierung aus den Erkenntnissen zieht, ist damit noch unklar. Allerdings plant man offenbar in Berlin, verstärkt gegen Desinformation vorzugehen und gezielt gestreute Falschmeldungen frühzeitig zu identifizieren.

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