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© AFP

Sturm auf Rote Moschee: Hassprediger Ghazi wollte als Märtyrer sterben

Beim Sturm auf die Rote Moschee in Pakistan wurde der Anführer der Extremisten und Vizeleiter der Moschee erschossen. Wer war Abdul Rashid Ghazi?

Berlin - Rund eine Woche, nachdem die Kämpfe zwischen radikalislamischen Studenten der Roten Moschee und Pakistans Sicherheitskräften begonnen hatten, entschloss sich die Regierung offenbar zu handeln. Am frühen Dienstagmorgen stürmten Soldaten den Gebäudekomplex im Zentrum von Islamabad, nach Militärangaben starben dabei mindestens 50 Studenten und acht Sicherheitskräfte. Andere Quellen berichteten von mindestens 150 Opfern. Einige Medien befürchteten noch weit höhere Zahlen, da die Regierung nach Angaben der Rettungsdienste am Abend rund 800 Leichensäcke angefordert habe.

Abdul Rashid Ghazi selbst, der Anführer der Extremisten und Vizeleiter der Moschee, wurde bei dem Angriff getötet, meldete der pakistanische Sender Geo TV. Nach offiziellen Angaben starb Ghazi im Kreuzfeuer. Zuvor hatte ein Sprecher des Innenministeriums noch erklärt, Ghazis eigene Leute hätten ihn umgebracht, als er versucht habe, sich zu ergeben.

Kurz vor der „Operation Schweigen“ hatte Ghazi Geo TV in einem Telefonat gesagt, er rechne damit, als Märtyrer zu sterben. Er behauptete, seine Anhänger hätten mit nur 14 Kalaschnikows den Sicherheitskräften über eine Woche standgehalten. Ghazis Bruder Maulana Abdul Aziz dagegen, der bereits vor Tagen mit einer Burka verhüllt zu fliehen versucht hatte, hatte in den vergangenen Monaten mit tausenden Selbstmordattentätern aus der Roten Moschee gedroht – sie würden die Hauptstadt überschwemmen, sollte die Regierung gegen das Gotteshaus und dessen beide Koranschulen vorgehen. Die Regierung hatte seit Beginn der Belagerung von Mitgliedern der Terrorgruppe Lashkar-e-Toiba berichtet, die sich auf dem Gelände verschanzt halten sollten.

Der jetzt im Alter 43 Jahren getötete Ghazi war in seiner Jugend, so berichten pakistanische Medien, ein eher moderater Muslim. Nach seinem Universitätsabschluss soll Ghazi für das Erziehungsministerium gearbeitet und im dem Zusammenhang auch mit der Unesco zu tun gehabt haben. Sein Lebensstil jedenfalls soll seinen Vater Abdullah Aziz, den Gründer der Roten Moschee, so erbost haben, dass der sein Erbe vollständig dem anderen Sohn, Abdul Aziz, überließ.

Doch der Tod des Vaters muss Ghazi sehr verändert haben. Abdullah Aziz war 1998 auf dem Gelände der Roten Moschee vom Anhänger einer anderen islamistischen Gruppierungen erschossen worden. Seitdem leitete Maulana Abdul Aziz die Moschee, Ghazi wurde sein Stellvertreter. Aus dieser Zeit sollen seine engen Verbindungen zu Pakistans Geheimdienst ISI und den Taliban in Afghanistan herrühren.

Seit den Anschlägen vom 11. September aber, so heißt es in einer Art Nachruf auf der Website von Geo TV, habe Ghazi sich immer weiter von seinen „staatlichen Unterstützern entfernt“. Kein Wunder, schließlich sah sich die Regierung von Präsident Pervez Musharraf zu einer 180-Grad-Wendung ihrer Politik gegenüber dem afghanischen Taliban-Regime gezwungen, wollte sie nicht zum nächsten Angriffsziel der Amerikaner werden. Ghazi, der seit einem missglückten Attentatsversuch immer eine Kalaschnikow bei sich getragen haben soll, propagierte zuletzt zusammen mit seinem Bruder die Talibanisierung Pakistans. Als Demonstration seines Willens hatte der Vizechef der Moschee auf dem Komplex bereits ein eigenes Scharia-Gericht eingerichtet.

Mögliche Folgen von Ghazis Tod waren am Dienstag nicht abzusehen. Zuvor hatte jedoch die MMA, der Zusammenschluss mehrerer religiöser Parteien, zum ersten Mal offiziell zu Protesten wegen des Angriffs auf die Rote Moschee aufgerufen. Bis dahin hatte sich die MMA zurückgehalten; die einzigen großen Proteste waren aus den sogenannten Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan gemeldet worden.

Journalisten in Islamabad nehmen an, dass trotz des Endes des Konfliktes die Position von Musharraf geschwächt sei. Zwar habe die Mehrheit der Bevölkerung das Vorgehen gegen die Rote Moschee unterstützt. Doch dass sich die Kämpfe so lange hingezogen hätten, zeige schlechtes Krisenmanagement. Zudem würden sich immer mehr Menschen fragen, weshalb die Regierung erst so spät gehandelt habe.

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