zum Hauptinhalt
Da können die Soldaten noch so genau zielen: Das Sturmgewehr G36 (hier ein Bild von einer Übung) macht der Bundeswehr Sorgen.

© dpa/Arno Bürgi

Sturmgewehr G36: SPD-Experte Arnold fordert neues Standardgewehr für die Bundeswehr

In Afghanistan haben deutsche Soldaten mit dem Sturmgewehr G36 gekämpft. Gutachter halten die Waffe aber nur für "eingeschränkt tauglich". Jetzt werden die Rufe nach einem Ersatzgewehr laut. Der Waffenhersteller führt die Probleme auf fehlerhafte Munition zurück.

Angesichts der Probleme mit dem Sturmgewehr G36 werden nun Forderungen laut, die Soldaten der Bundeswehr mit neuen Waffen auszustatten. „Für die Soldaten, die sich im Auslandseinsatz befinden, brauchen wir schnell Ersatz. Es ist machbar, kurzfristig einige tausend Gewehre zu beschaffen, das dauert nicht Jahre“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, dem Tagesspiegel. Mittelfristig müsse außerdem geklärt werden, welches Gewehr die Bundeswehr als neues Standardgewehr benötige. „Klar ist, dass das G36 für die Soldaten im Einsatz so nicht brauchbar ist. Das haben die Untersuchungen gezeigt“, sagte der SPD-Verteidigungsexperte weiter. „Wenn das Vertrauen der Soldaten in die politische und militärische Führung nicht erschüttert werden soll, müssen wir jetzt etwas tun“, forderte Arnold.

Sturmgewehr G 36 gehört seit 1996 zur Standardausrüstung der Bundeswehr

Seit Mitte der 90er Jahre gehört das Sturmgewehr G36 des Herstellers Heckler & Koch zur Standardausrüstung der Bundeswehr, derzeit gibt es knapp 170 000 Exemplare im Bestand. Doch seit einiger Zeit wurden Berichte öffentlich, dass die Waffe Trefferprobleme aufweist, wenn sie heißgeschossen ist oder auch wenn die Außentemperaturen hoch sind. Im vergangenen Sommer gab Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ein technisches Gutachten zur Zuverlässigkeit der Waffe in Auftrag. Seit Freitag liegt der Bericht des Expertengremiums vor.

Waffe ist laut Expertenbericht "nur eingeschränkt tauglich"

Die Prüfer kommen darin zum Ergebnis, dass die Waffe für den Einsatz „nur eingeschränkt tauglich“ und daher „nicht in vollem Umfang einsatzreif“ sei. So heißt es beispielsweise, dass bei Tests die Trefferquote im Schnitt auf 30 Prozent sank, wenn sich die Temperaturen um 30 Grad veränderten. Dies könnte etwa dann passieren, wenn eine Waffe in einem Fahrzeug der Sonne ausgesetzt ist. Aus Sicht der Bundeswehr ist ein Wert von 90 Prozent erforderlich. Bei einer Erwärmung von 15 auf 45 Grad ging die Trefferquote laut dem Bericht sogar auf sieben Prozent zurück.

Linksfraktion will wissen, warum das Gewehr in den 90ern überhaupt angeschafft wurde

Der Linken-Politiker Jan van Aken wundert sich über die Beschaffungsgeschichte des G36. „Wir wollen vom Ministerium wissen, warum das Gewehr in den 90er Jahren überhaupt angeschafft wurde. Schon damals gab es offenbar Bundeswehreinheiten, die nach Tests zu dem Urteil kamen, dass das G36 nicht ihren Ansprüchen genügt“, sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion dem Tagesspiegel. Aber auch der SPD-Verteidigungsexperte Arnold fordert Aufklärung vom Ministerium. „Ich frage mich, warum man die Probleme mit dem Sturmgewehr negiert hat. Gab es schützende Hände über die Firma Heckler & Koch?“, sagt der SPD-Politiker.

Waffenhersteller Heckler & Koch macht die Munition für die Präzisionsprobleme verantwortlich

Der Waffenhersteller selbst machte am Wochenende fehlerhafte Munition für die Probleme verantwortlich. Die „alleinige Ursache“ für die festgestellten massiven Streukreisvergrößerungen sei „die mangelhafte Zinnbeschichtung der Geschosse einiger Bundeswehr-Munitionslose eines Herstellers“, teilte die Firma Heckler & Koch mit. Im Expertenbericht heißt es hingegen, nicht eine der Komponenten, wie Munition oder Waffe, sei ursächlich, sondern „das Gesamtsystem“. Zwar differiere die Trefferwahrscheinlichkeit je nach getesteter Munition stark, aber das G36 erfülle mit keiner der untersuchten Munitionen die Anforderungen. Ein Austausch der Munition löse in keinem Fall hinreichend das Problem der Präzisionseinschränkungen.

Heckler & Koch erhob zugleich schwere Vorwürfe gegen drei Mitarbeiter von Bundeswehrinstituten, die dem Expertengremium angehört hatten. Diese hätten schon früher behauptet, die Streukreisvergrößerungen seien auf die Kunststoffzusammensetzung des Gewehrgehäuses zurückzuführen. Die sei eine „laienhafte Vorstellung“, kritisierte die Firma. „Es fehlt hier offensichtlich sowohl die fachliche Kompetenz als auch die notwendige Unvoreingenommenheit“, heißt es in der Mitteilung weiter. Scharfe Kritik übte der Waffenhersteller auch am Bundesrechnungshof, dem er „einseitige“ und „voreingenommene“ Ermittlungen vorwirft.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false