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Wolfgang Schuster

© dpa

Stuttgart: Wenn der OB ade sagt

Mit dem Rückzug des Stadtoberhaupts der baden-württembergischen Metropole haben die Parteien ein Besetzungsproblem.

Die Überraschung ist Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) gelungen: Auf seinen am Montag angekündigten Verzicht auf eine dritte, wenn auch verkürzte Amtszeit hatten weder Freunde noch Gegner wetten wollen. Gerade weil der 62-jährige Christdemokrat mit sichtbar neuem Elan die Geschicke der baden-württembergischen Hauptstadt in letzter Zeit präsenter den je steuerte, schien seine erneute Kandidatur im nächsten Oktober naheliegend – zumal vor dem Hintergrund vieler unbestrittener Erfolge.

Ganz besonders galt das, nachdem sich die Stuttgarter Ende letzten Jahres ziemlich unerwartet mit Mehrheit für den Bau des Bahnprojekts Stuttgart 21 entschieden hatten. Diese späte Genugtuung hat es dem äußerlich oft spröde wirkenden Verstandesmenschen wohl auch erlaubt, die persönlichen Wunden, die die Bahnhofsgegner ihm als Buhmann geschlagen haben, weitgehend wegzustecken. Freilich braucht die nach wie vor gespaltene Landeshauptstadt in den kommenden Jahren eher einen Brücken- als einen Bahnhofsbauer. Auch wenn Schuster längst bei jeder Gelegenheit die gesamte Stadtgesellschaft auffordert, an der Ausgestaltung des durch Stuttgart 21 frei werdenden Riesenareals mitzuwirken: Die Gräben sind noch lange nicht zugeschüttet.

Genau hier liegt nicht nur die Herausforderung, sondern auch die Chance des Neuanfangs im Jahr 2013, wenn die Amtszeit des neuen OB beginnt. Wer sie bekommt, ist freilich völlig offen. Denn keine Partei weiß bisher, mit wem sie antreten soll. Mit seinem unerwarteten Rückzug stellt Schuster die eigene, ihm nicht immer nur freundlich gesinnte Partei vor ein beträchtliches Problem. Die CDU hätte Schuster wohl nur zähneknirschend unterstützt, zumal die Erfolgsaussichten nicht die besten gewesen wären. Jetzt braucht gerade sie einen Kandidaten von Format. Denn seit in der Villa Reitzenstein mit Winfried Kretschmann ein Grüner in Baden-Württemberg regiert, ist das de facto zweitwichtigste Amt im Land für die CDU noch viel relevanter geworden.

Aber auch für die Grünen, die nicht nur die stärkste Gemeinderatsfraktion stellen, sondern bei der Landtagswahl auch gleich drei von vier Wahlkreisen in der Landeshauptstadt direkt gewonnen haben, wird die Kandidatensuche nicht einfach. Tübingens OB Boris Palmer (wenn er denn überhaupt wollte) ist dank seines kompromisslosen Neins zu Stuttgart 21 verbrannt. Aber auch jeder andere Grüne wird sich ziemlich schwertun. Die SPD schließlich, die zum Ärger der Grünen Schuster zweimal mit zum Sieg verholfen hat, kann zwar mit dem Jahrhundertprojekt Stuttgart 21 ganz gut leben, einen Kandidaten hat sie aber bisher auch nicht. Da ist es zunächst einmal ganz listig, wenn der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl dazu aufruft, gemeinsam einen überparteilichen Schuster-Nachfolger zu suchen.

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