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Arm solle die Kirche sein, und eine Kirche für die Armen, sagt Papst Franziskus.

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Suche nach alternativer Finanzierung: Debatte über Abschaffung der Kirchensteuer

Arm solle die Kirche sein - und eine Kirche für die Armen, sagt der neue Papst Franziskus. Nun ist in Deutschland neuerlich eine Debatte über die Kirchensteuer entbrannt. Wovon sollen die Kirchen künftig leben?

In Deutschland ist die Finanzierung der Kirchen durch die Kirchensteuer immer wieder Anlass für politischen Streit. Papst Franziskus wirbt für eine "arme Kirche für die Armen". Das hat der hiesigen Debatte neuen Auftrieb gegeben.

Teile der FDP zum Beispiel würden den automatisierten Kirchensteuereinzug gerne abschaffen. Er sei nicht mehr zeitgemäß, argumentiert etwa Lasse Becker, der Vorsitzende der Jungen Liberalen. Man komme "ja auch nicht auf die Idee, für die Freiwillige Feuerwehr, das Rote Kreuz oder für politische Parteien die Beiträge vom Staat einziehen zu lassen", sagte Becker dem Tagesspiegel. In ihrem Grundsatzprogramm habe die FDP die "größtmögliche Trennung von Staat und Kirche" beschlossen. Es wäre "konsequent, die bisherige Kirchensteuer bundesweit durch ein kircheneigenes Beitragssystem zu ersetzen", sagte Becker. Zuvor hatte sich der sächsische FDP-Landesverband für ein Ende des staatlichen Kirchensteuer-Einzugs stark gemacht.
Diesen Vorstoß begrüßt auch der Bundestagsabgeordnete Rolf Schwanitz, Mitglied des laizistischen Gesprächskreises in der SPD. "Wir sind ein säkularer Staat", sagte er. "Die Inanspruchnahme des Staates für den Einzug der Kirchensteuer gehört auf den Prüfstand." Durch das jetzige Prozedere seien die Bürger gezwungen, ihre Religionszugehörigkeit öffentlich zu machen, das sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Für den religionspolitischen Sprecher der Linksfraktion, Raju Sharma, wäre die Abschaffung des staatlichen Kirchensteuereinzugs "konsequent und richtig", wenn man das Gebot der Trennung von Staat und Kirche ernst nehme. Unter fiskalischen Gesichtspunkten sei eine Änderung allerdings nicht nötig, sagte Sharma, dem Staat entstehe kein Schaden.

Die FDP im Bund widerspricht

In der FDP-Bundestagsfraktion und in der Bundespartei stößt der Vorstoß auf Widerstand. Generalsekretär Patrick Döring sagte dieser Zeitung, er sehe keine Notwendigkeit, die Forderung ins FDP-Wahlprogramm aufzunehmen. Fraktionsgeschäftsführer Stefan Ruppert gab zu bedenken, dass der Staat von dem Einzug der Steuer finanziell profitiere.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis warnte vor einer Debatte über die Kirchensteuer. "Solche Fragen können nicht auf dem öffentlichen Markt zur eigenen Parteiprofilierung erörtert, sondern nur im gegenseitigen Einvernehmen von Staat und Kirche geklärt werden". Dies entspreche jedenfalls "den Vorgaben unseres Grundgesetzes, das ein kooperatives Verhältnis von Staat und Kirche vorsieht".
Auch die kirchenpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Maria Flachsbarth, sieht keine Notwendigkeit für eine Umstellung. Es handle sich um ein "praktikables, lebensnahes System", bei dem die Kirchen die Finanzamtsstruktur des Staates nutzen dürften und dafür im Gegenzug eine Entschädigung bezahlten.
So sieht es auch Josef Winkler, religionspolitischer Sprecher der Grünen: "Was die Kirchensteuer angeht, sehe ich keinen Handlungsbedarf. Denn die Kirchen bezahlen die zuständigen staatlichen Behörden kostendeckend für die Einziehung." Das Besteuerungsrecht wird in Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 WRV (Weimarer Reichsverfassung) ausdrücklich garantiert. Diese Art der Finanzierung stehe allen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zur Verfügung, die den Körperschaftsstatus besitzen. Der Anspruch der Kirchen auf den Einzug der Kirchensteuer sei darüber hinaus verfassungsmäßig garantiert und bedürfe zu seiner Abschaffung einer Zweidritttelmehrheit des Parlamentes, gab Winkler zu bedenken.

Kirchen verteidigen das bestehende System

Die Kirchen verteidigen das bestehende System. "Davon haben beide Seiten etwas", sagte der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge. "Die Kirchen müssen kein eigenes Verwaltungssystem aufbauen und können das Geld für die Arbeit in den Kirchengemeinden und für die Menschen verwenden." Wer gegen die Kirchensteuer sei, plädiere für eine Aufblähung der Verwaltungskosten, argumentierte Dröge. Die Finanzämter profitierten von der Gebühr, die sie dafür bekommen. Es werde ja auch niemandem etwas aufgezwungen, so der Bischof. "Wer zur Kirche gehören will, entscheidet sich freiwillig dafür. Wer eine gesellschaftlich aktive Kirche will, der muss auch dafür sorgen, dass sie Strukturen hat, die ihr dieses Engagement dauerhaft ermöglichen." Die Kirchensteuer macht den Hauptanteil der Einnahmen der Kirche aus. "Durch sie können kirchliche Angebote und kirchliche Arbeitsverträge verlässlich erfüllt werden", sagte Dröge.

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