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Politik: Suche nach chemischen Spuren

Eine israelische Journalistin meldet die Entdeckung einer Waffenfabrik – doch nicht einmal US-Militärs wollen dies bestätigen

Bei der 3. Infanterie-Division der amerikanischen Armee fährt Caroline Glick mit, eine israelische Journalistin der Jerusalem Post. Sie war dabei, wie die Soldaten am Sonntagnachmittag etwa 30 irakische Soldaten in der Ortschaft Nadschaf, etwa 150 Kilometer vor Bagdad gefangennahmen. Die Iraker hätten ein etwa 40 Hektar großes Gelände bewacht, dass – wie die Reporterin schreibt – „offenkundig benutzt wurde, um Chemiewaffen herzustellen“. Das Gelände sei offenbar erst vor kurzem verlassen und zum Teil mit Sprengfallen versehen worden. Das Hauptgebäude sei durch Sandaufschüttungen getarnt und durch elektrische Zäune gesichert. Die Soldaten hätten „Laborausstattung wie aus einem alten Katastrophenfilm“ in den Gebäuden entdeckt sowie blaue, lange Gebäude, die an Legebatterien erinnerten, meldete die Korrespondentin weiter.

Groß aufgemacht erschien dieser „Exklusivbericht“ auf der Website der Jerusalem Post und wurde anschließend über die beiden amerikanischen Fernsehsendern ABC und Fox weiter verbreitet. Auf einer Pressekonferenz in der US-Kommandozentrale in Qatar gaben sich die Militärs dagegen zurückhaltend. Man wisse nicht genau, was das für eine Einrichtung sei. Es sei verfrüht zu behaupten, man habe in Nadschaf von Saddam Hussein versteckte Massenvernichtungswaffen gefunden, hieß es. Die Sache werde untersucht. Der Sprecher der UN-Waffeninspekteure, Ewen Buchanan, äußerte sich ebenfalls skeptisch. Die Inspekteure hätten keine Kenntnisse von einer großen Chemiewaffenfabrik nahe der Stadt Nadschaf. „Der Irak hat natürlich wegen seiner petrochemischen Industrie eine große Zahl von Chemiefabriken, die sich für kriegerische und friedliche Zwecke nutzen lassen,“ sagte Buchanan. Diese seien alle vor dem Abzug der Inspekteure untersucht worden. „Aber wir wissen nichts von einer größeren Dual-Use-Chemiefabrik nahe Nadschaf.“

Auch belegte der von UN-Chefinspekteur Hans Blix kurz vor Beginn des Krieges vorgelegte „Arbeitsplan“ mit den noch offenen Fragen, dass die Inspekteure bei der Kontrolle von Chemieanlagen relativ weit gekommen waren. Nach eigenen Angaben hat Unscom etwa 380 der vom Irak angegebenen 450 Chemiefabriken aufgespürt. Etwa 180 dieser Anlagen, die zur Produktion von Chemiewaffen benutzt worden waren, wurden zwischen 1992 und 1994 zerstört. 200 Anlagen, die für kriegerische und friedliche Zwecken nutzbar waren, wurden 1997 unbrauchbar gemacht. Von den übrigen 70 Anlagen sollen nach UN-Angaben 10 unter den Ruinen von im ersten Golfkrieg zerstörten Häusern liegen, weitere 29 wurden aus Ruinen ausgegraben und sichergestellt. Zusätzlich wurden 187 Pilotanlagen zerstört. Weitere Chemiereaktoren hatte der Irak nahe Samarra vergraben und ihre Existenz erst Ende 2002 zugegeben. Hier forderte Unscom weitere Aufklärung ebenso wie über eine Rechnung von 1988 über 2,2 Millionen Dollar. Auch diese damals von 15 ausländischen Firmen gekauften Geräte sind bis heute nicht aufgetaucht.

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