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Protest gegen Venezuelas Präsident Maduro in Caracas

© imago/Agencia EFE/Christian Hern

Update

Südamerika: Venezuelas Präsident Maduro stellt den USA ein Ultimatum

Nach Trumps Affront will der sozialistische Staatschef die US-Diplomaten aus dem Land werfen. Doch Washington erkennt seine Regierung nicht mehr an.

Nach der Aufkündigung der diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten hat der venezolanische Präsident Nicolás Maduro den US-Diplomaten bis zum Sonntag Zeit gegeben, das südamerikanische Land zu verlassen. US-Außenminister Mike Pompeo konterte, die Anweisungen des Sozialisten seien gegenstandslos, da die USA dessen Regierung nicht mehr anerkennten. „Was denken sie, wer sie sind?“, fragte Maduro am Donnerstag aufgebracht in einer Rede vor dem Obersten Gerichtshof. „Denken sie, sie hätten eine koloniale Enklave in Venezuela?“ Die Staatskrise in Venezuela droht zu einem neuen Konflikt zwischen den USA und Russland zu werden. Das russische Außenministerium warnte US-Präsident Donald Trump am Donnerstag vor einer Militärintervention in dem südamerikanischen Land. Ein solcher Schritt würde ein katastrophales Szenario auslösen, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax den stellvertretenden Außenminister Sergej Rjabkow. Venezuela sei ein strategischer Partner Russlands. "Wir haben sie unterstützt, und wir werden sie unterstützen."

In dem ölreichen, aber verarmten Land tobt ein Machtkampf, nachdem sich Oppositionsführer Juan Guaido selbst zum neuen Präsidentenen ernannt hat und umgehend von Trump als solcher anerkannt wurde. Der bisherige Präsident Nicolas Maduro hält indes an seinem Amt fest und wird dabei vom Militär unterstützt.

Mexiko will in politischer Krise vermitteln

Mexiko hat sich derweil bereiterklärt, in der politischen Krise in Venezuela zu vermitteln. Das Land stehe bereit, einen Dialog für eine friedliche Lösung zu unterstützen, sagte Präsident Andrés Manuel López Obrador am Freitag in einer Pressekonferenz. Dazu müssten aber zuerst die Konfliktparteien ein entsprechendes Gesuch stellen, so der 65 Jahre alte Linkspolitiker. Die Gespräche könnten dann auch in Mexiko geführt werden, sagte López Obrador. Die Regierung des lateinamerikanischen Landes erkennt weiterhin Nicolás Maduro als Präsidenten Venezuelas an und hatte am Mittwoch gemeinsam mit Uruguay zu einer friedlichen Lösung des Konflikts zwischen Maduro und dem selbst ernannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó aufgerufen. Maduro zeigte sich am Donnerstag gesprächsbereit, einen konkreten Plan für einen Dialog gab es zunächst aber nicht.

Guaidó stellte in seiner neuer Funktion als Interims-Präsident bereits einen Antrag auf humanitäre Hilfe aus den USA. Er bitte um die Lieferung von Lebensmitteln, Medikamenten und medizinischen Artikeln, schrieb er am Donnerstag an US-Außenminister Pompeo. Auch die Entsendung eines Klinikschiffs sei wünschenswert. Zuvor hatte Pompeo bereits humanitäre Hilfslieferungen in Aussicht gestellt, sobald das logistisch möglich sei. Die USA seien bereit, 20 Millionen Dollar für Lebensmittel und Medizin zu schicken, sagte er. Angesichts der Pattsituation warnte das venezolanische Militär vor einer gewalttätigen Lösung des Konflikts. „Ein Bürgerkrieg wird die Probleme Venezuelas nicht lösen“, sagte Verteidigungsminister Vladimir Padrino. Es bedürfe eines Dialogs zwischen der Regierung und der Opposition, „denn ein Krieg ist nicht unsere Wahl, sondern ein Instrument vaterlandsloser Gesellen, die nicht wissen, was das bedeutet.“

Rjabkow sagte, Russland werde an der Seite des südamerikanischen Staats stehen, um dessen Souveränität zu verteidigen. Die USA dürfen sich nicht in die inneren Angelegenheiten Venezuelas einmischen. Russland hat Venezuela Milliardensummen geliehen und auch dem Militär Unterstützung zukommen lassen. Im Dezember landeten zwei russische Bomber in Venezuela, die Atomwaffen transportieren können, was auf scharfe Kritik der US-Regierung stieß.

Im eigenen Land kann Staatschef Maduro noch immer auf die Unterstützung des mächtigen Militärs zählen. Auch seine Verbündeten in Bolivien und Kuba halten noch zu dem Sozialisten, dessen Land über die größten Erdölreserven der Welt verfügt. Russland, China, die Türkei und der Iran stützen Maduro ebenfalls.

Die Bundesregierung fordert angesichts der Proteste Neuwahlen in dem südamerikanischen Land. "Die Bevölkerung Venezuelas setzt sich mutig für eine freie Zukunft des Landes ein", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag per Tweet. "Dafür braucht es nun einen politischen Prozess, der in freie und glaubwürdige Wahlen mündet." Der Nationalversammlung komme dabei eine besondere Rolle zu, forderte der Regierungssprecher.

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Das Weiße Haus rief Maduro am Mittwoch zu einer friedlichen Machtübergabe auf und drohte dem Sozialisten andernfalls mit schweren Konsequenzen. „Alle Optionen sind auf dem Tisch“, sagte US-Präsident Donald Trump. Er werde weiter auf „die Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela“ dringen. Ein hochrangiger US-Regierungsvertreter wollte am Mittwoch auf Nachfrage auch eine militärische Option nicht ausschließen. „Maduro und seine Kumpanen“ hätten keine Zukunft, sagte er. „So oder so sind ihre Tage gezählt.“

Guaidó erhielt auch Unterstützung aus Brüssel. Die Europäische Union unterstütze die von Guaidó geführte Nationalversammlung „als demokratisch gewählte Institution, deren Befugnisse wiederhergestellt und respektiert werden müssen“, erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Ein politischer Prozess müsse „zu freien und glaubwürdigen Wahlen“ führen, „im Einklang mit der Verfassung.“ EU-Ratspräsident Donald Tusk schrieb auf Twitter: „Im Gegensatz zu Maduro verfügt das Parlament, Juan Guaidó eingeschlossen, über ein demokratisches Mandat der venezolanischen Bürger.“

Mit Spannung wurde erwartet, ob sich Papst Franziskus auf dem Weltjugendtag in Panama zu der schweren Krise in Venezuela äußern würde. Das Wort des Kirchenoberhaupts hat im katholisch geprägten Lateinamerika großes Gewicht.

China rief im Machtkampf in Venezuela zur Zurückhaltung auf und warnte besonders die USA vor einer Einmischung. Alle Seiten lehnten entschieden eine militärische Intervention in Venezuela ab, sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying am Donnerstag. Auch Sanktionen würden nicht helfen, „praktische Probleme zu lösen“.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte sich ebenfalls hinter Maduro. Er habe ihm in einem Telefonat die Unterstützung der Türkei zugesichert, teilte Erdogans Sprecher, Ibrahim Kalin, in der Nacht zu Donnerstag auf Twitter mit. Erdogan habe gesagt: „Mein Bruder Maduro! Stehe aufrecht, wir sind an Deiner Seite.“ Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu betonte im Sender A Haber, Maduro sei vom Volk gewählt.

Auch Teheran steht weiter hinter Maduro. „Der Iran unterstützt die Regierung und das Volk Venezuelas gegen illegitime und illegale Aktionen wie Putschversuche und ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes“, sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am Donnerstag. Man hoffe auf eine friedliche Lösung der politischen Differenzen im Land.

Maduro brach nach der Solidaritätsnote der USA für Guaidó die diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten ab und verwies deren diplomatisches Personal des Landes. „Hier ergibt sich niemand. Venezuela hat das Recht, sich selbst souverän zu regieren“, sagte der Staatschef bei einer Rede vor Anhängern. „Die imperialistische US-Regierung will eine Marionettenregierung in Venezuela einsetzen.“

Guaidó forderte das Personal der in Caracas ansässigen Botschaften dagegen zum Bleiben auf. Anderslautende Anweisungen sollten ignoriert werden.

US-Außenminister Mike Pompeo erklärte, er werde das diplomatische Personal zunächst nicht aus der Botschaft in Caracas abziehen. „Die Vereinigten Staaten erkennen das Maduro-Regime nicht als Regierung Venezuelas an“, teilte Pompeo mit. Folglich habe „der frühere Präsident“ auch nicht die Befugnis, diplomatische Beziehungen abzubrechen oder US-Diplomaten zu unerwünschten Personen zu erklären.

Maduro hat Unterstützung der Armee

Venezuelas Verteidigungsminister Vladimir Padrino sicherte Maduro die Unterstützung der Armee zu. „Die Soldaten des Vaterlandes akzeptieren keinen Präsidenten, der von dunklen Mächten eingesetzt wird oder sich abseits des Rechts selbst einsetzt“, schrieb Padrino auf Twitter. Guaidó hatte ans Militär appelliert, sich auf die Seite der Regierungsgegner zu stellen.

Ob der Machtwechsel in Caracas gelingt, dürfte davon abhängen, ob die Opposition den Druck auf der Straße aufrechterhalten und das Militär auf ihre Seite ziehen kann. Am Mittwoch gingen landesweit Zehntausende Menschen gegen die sozialistische Regierung auf die Straßen. Die Polizei feuerte Tränengasgranaten und Gummigeschosse in die Menge. Vermummte Demonstranten schleuderten Steine auf die Sicherheitskräfte.

Nach Angaben der Beobachtungsstelle für soziale Konflikte kamen bei den Krawallen 13 Menschen Leben. Mindestens 175 Demonstranten wurden festgenommen, wie die Nichtregierungsorganisation Foro Penal mitteilte. Guaidó beklagte die Todesopfer auf Twitter. „Ihren Familien kann ich nur versprechen, dass in unserem Vaterland wieder Gerechtigkeit und Frieden herrschen werden“, so der Parlamentschef.

Venezuela, das rund 30 Millionen Einwohner hat, steckt seit langem in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Viele Regierungsgegner sitzen in Haft oder leben im Exil. Wegen eines Mangels an Devisen kann das einst reiche Land kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs importieren. Rund drei Millionen Venezolaner sind schon ins Ausland geflohen. (dpa)

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