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Spiel mit der SPD. Thilo Sarrazin im vergangenen August bei der Präsentation seines Buches. Foto: John MacDougall/AFP

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Südwest-SPD und Sarrazin: Quälgeist und Quote

Die Südwest-SPD ist gegen Thilo Sarrazins Verbleib in der Partei. Auch eine Initiative für mehr Migranten besänftigt die Genossen nicht.

Berlin - Der Fall Sarrazin lässt der SPD keine Ruhe. Am Wochenende bezogen die baden-württembergischen Sozialdemokraten als erster Landesverband geschlossen Position gegen die Entscheidung der Bundespartei, das Ausschlussverfahren gegen den früheren Berliner Finanzsenator einzustellen.

„In unserer Mitte ist kein Platz für Rassismus, Ressentiments und Ausgrenzung“, heißt es in einer Resolution, die auf einem Landesparteitag in Sindelfingen am Samstag mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. Zuvor hatte SPD-Landeschef Nils Schmid erklärt: „Wir dürfen die SPD nicht den Sarrazins überlassen.“

Der Parteitagsbeschluss der Genossen im Südwesten ist für die Bundes-SPD ein weiterer Rückschlag. Seit Generalsekretärin Andrea Nahles der Einstellung des Verfahrens kurz vor Ostern zugestimmt hatte, tobt in der Partei eine heftige Debatte um das Für und Wider, die wenig Raum für die eigentliche Aufgabe der Opposition lässt: sich mit den Schwächen der Regierung auseinanderzusetzen. Hatte sich der Protest zu Beginn noch auf einzelne Vertreter des linken SPD-Flügels sowie die Migrantenverbände beschränkt, widersetzt sich nun ein ganzer Landesverband den Vorgaben aus Berlin.

Dabei hatten Nahles und SPD-Chef Sigmar Gabriel gehofft, die Diskussion allmählich in geordnete Bahnen lenken zu können. Mit der Einführung einer Migranten-Quote – in Zukunft sollen 15 Prozent aller Gremien der Bundes-SPD sowie nach Möglichkeit auch der SPD-Landesverbände von Genossen mit Migrationshintergrund besetzt werden – wollte das Führungsduo die Kritiker versöhnen und ein Zeichen an die Zuwanderer setzen. Seht her, Sarrazins Weltbild ist nicht das unsere, in der Sozialdemokratie seid ihr willkommen – das sollte die Botschaft sein. Aber auch dieser Schritt blieb in der SPD nicht unwidersprochen.

Auf der Konferenz der SPD-Fraktionsvorsitzenden von Bund und Ländern Ende vergangener Woche äußerten ostdeutsche Genossen ihr Unverständnis über eine Quote, die sie kaum erfüllen können. Tatsächlich liegt der durchschnittliche Migranten-Anteil in der SPD zwar bei 14 Prozent, in den ostdeutschen Verbänden aber weit darunter, da der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung in den neuen Ländern generell sehr viel niedriger ausfällt als im Westen.

Grundsätzliche Vorbehalte gegenüber einer Migranten-Quote hegt offenbar Bestsellerautor und SPD-Mitglied Thilo Sarrazin. Bei einer Lesung im nordrhein-westfälischen Waltrop sagte er nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zu den Plänen der SPD-Spitze: „Der Verstand kommt und geht ja nicht damit, dass man Migrant ist.“ Und: „Je migrantischer diese Leute eingestellt sind, desto weniger neigen sie dazu, Probleme oder Schwierigkeiten objektiv zu sehen.“ Den Kritikern Sarrazins dürften solche Sätze einmal mehr die Zornesröte ins Gesicht treiben.

Dem SPD-Vorsitzenden von Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, geht es wie vielen seiner Genossen: Er findet, dass Sarrazin „nicht in unsere Partei gehört“. Am liebsten wäre es Stegner, der ehemalige Berliner Finanzsenator würde von sich aus die SPD verlassen. Er weiß aber auch, dass Sarrazin ihm diesem Gefallen kaum tun wird. Stegner will auf der Sitzung des SPD-Präsidiums an diesem Montag im Willy-Brandt-Haus deshalb auch darüber reden, wie die SPD in Zukunft mit Genossen umgehen soll, „die inhaltlich gegen unsere Grundsätze verstoßen, denen mit den Mitteln von Parteiverfahren aber nicht beizukommen ist.“

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