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Politik: Syrer beginnen mit Abzug

Die syrische Armee hat am Dienstagabend mit dem vereinbarten Rückzug aus der Umgebung der libanesischen Hauptstadt begonnen. Zuvor hatten in Beirut Hunderttausende Libanesen und Syrer gegen eine amerikanische Einflussnahme im Nahen Osten demonstriert. (08.03.2005, 22:10 Uhr)

Beirut - «Die Truppenverlegung hat begonnen», bestätigte der scheidende libanesische Verteidigungsminister Abdel Rahim Murad. Von der ersten Verlegung in die näher an der syrischen Grenze gelegenen Bekaa-Hochebene seien etwa 6000 Soldaten betroffen, hieß es in libanesischen Sicherheitskreisen.

Augenzeugen berichteten, sie hätten erste Militärlastwagen mit syrischen Soldaten auf der Fahrt Richtung Bekaa-Hochebene gesehen. Bereits am Nachmittag hatten syrische Soldaten oberhalb Beiruts Luftabwehrgeschütze demontiert. Insgesamt sind in Libanon noch 14.000 syrischen Soldaten stationiert. Sie sollen in einer ersten Phase des Abzugs, die am Mittwoch beginnen und bis Ende März abgeschlossen sein sollte, in die Bekaa-Ebene verlegt werden. Anschließend soll über einen endgültigen Rückzug entschieden werden.

Unmittelbar vor Beginn des Abzugs hatten nach Polizeiangaben knapp eine Million Demonstranten im Beirut gegen die USA protestiert. Die Teilnehmer der Massenkundgebung, zu der die prosyrische schiitische Hisbollah-Bewegung aufgerufen hatte, versammelten sich am Dienstagnachmittag in der Innenstadt. Sie schwenkten libanesische Nationalflaggen, trugen Transparente mit den Porträts der Präsidenten von Syrien und Libanon und riefen: «Amerika raus!» und: «Amerika ist an unserer Misere schuld.»

Der Kundgebungsort des Massenprotests am Dienstag, der Raid Solh- Platz, wurde von starken Sicherheitskräfte mit gepanzerten Militärfahrzeugen abgesperrt. Er liegt wenige hundert Meter vom Märtyrer-Platz entfernt, auf dem seit dem Mord am früheren Regierungschef Rafik Hariri vor drei Wochen täglich Hunderttausende Libanesen unter der Parole: «Syrien raus!» demonstrieren. Bei der prosyrischen Demonstration - der ersten seit Hariris Tod - sorgten schwarzgekleidete Hisbollah-Mitglieder für Ordnung.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah rief die libanesische Opposition zur Bildung einer «Regierung der nationalen Einheit» auf, um Libanon aus der Krise zu führen. Er unterstütze die Rückzugsvereinbarungen. Nasrallah wehrte sich aber gegen den Vorwurf, die Syrer seien Besatzer: «Israels (früherer Ministerpräsident Ariel) Scharon hat Beirut zerstört, während (der frühere syrische Präsident Hafis) el Assad es wieder aufgebaut hat». Washingtons Strategie, «Libanon zu spalten», werde nicht aufgehen.

US-Präsident George W. Bush forderte Syrien auf, seine Truppen bis zur für den im Mai geplanten Parlamentswahlen im Libanon abzuziehen. Damaskus stehe vor der Wahl, die seit drei Jahrzehnten währende Besatzung zu beenden oder weiter isoliert zu werden, warnte er in Washington. Außenminister Joschka Fischer bezeichnete nach einem Treffen mit Drusenführer Walid Dschumblatt in Berlin die Selbstbestimmung des libanesischen Volkes als entscheidend für Stabilität und Frieden in der Region. (tso) ()

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