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Auch dieser Polizeibus wurde bei der Explosion zerstört.

© dpa

Syrien: Bombenanschlag in Damaskus

Ein Selbstmordanschlag hat die syrische Hauptstadt Damaskus erschüttert. Zahlreiche Menschen wurden getötet. Die Kritik an der Beobachtungsmission der Arabischen Liga verschärft sich.

Blutlachen, beschädigte Autos, ein zerstörter Mannschaftsbus der Polizei – erneut hat am Freitag ein schwerer Selbstmordanschlag das Zentrum von Damaskus erschüttert. Den ganzen Tag zeigte das Staatsfernsehen Bilder von schreienden Männern, die Leichenteile der Opfer in die Kamera schwenkten. Nach Angaben der Behörden starben mindestens 25 Menschen, mehr als 46 wurden verletzt, als am Morgen im Stadtteil Midan nahe einer Schule der Attentäter seine Bombe zündete.

Erst vor zwei Wochen waren in der syrischen Hauptstadt 44 Menschen durch Autobomben auf Gebäude der Staatssicherheit und des Geheimdienstes gestorben. Zu allen Taten bekannte sich bislang niemand. Das Regime bezichtigt ausländische Terroristen. Seine Gegner dagegen behaupten, die Attentate seien vom Sicherheitsapparat selbst inszeniert, um die Opposition zu diskreditieren.

Gleichzeitig gingen am Freitag wieder Zehntausende im ganzen Land gegen Präsident Bashar al-Assad auf die Straße – unter anderem in der Trabantenstadt Douma bei Damaskus, in Aleppo, Daraa, Hama und Latakia. Von der Arabischen Liga forderten die Demonstranten, die Beobachtermission für gescheitert zu erklären und das Mandat an die Vereinten Nationen zu übergeben. Im Internet hatten Aktivisten das Motto ausgegeben, „unsere Anliegen zu internationalisieren”. Der arabische Staatenbund will am Sonntag in Kairo über die Zukunft seiner umstrittenen Beobachter beraten, die den am 19. Dezember mit Syriens Machthabern vereinbarten Friedensplan überwachen sollen. Damals hatte sich Damaskus verpflichtet, seine Truppen aus Wohngebieten abzuziehen, alle verhafteten Demonstranten freizulassen und politische Gespräche mit der Opposition aufzunehmen.

Stattdessen aber geht das Blutvergießen in Syrien unvermindert weiter und führt das Assad-Regime die Emissäre systematisch an der Nase herum. Ein Team der mit orangen Westen gekennzeichneten Beobachter kam am Freitag in der Vorstadt Arbeen von Damaskus sogar unter Feuer staatlicher Sicherheitskräfte. „Wir haben ohne Zweifel Fehler gemacht“, räumte der Regierungschef von Qatar, Scheich Hamad bin Jassem al-Thani, ein. „Dies ist das erste Mal, dass wir als Arabische Liga Beobachter entsenden. Sie geben ihr Bestes, aber haben nicht genug Erfahrung“, erklärte er in einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in New York, bei dem Hamad die Vereinten Nationen um Unterstützung bat.

Die syrische Opposition wirft den mittlerweile 140 arabischen Beobachtern vor, „unprofessionell“ zu agieren. So seien die Gesandten vor Ort stets von Agenten der Staatssicherheit eskortiert, spielten die Gewalt des Regimes herunter oder ließen sich von inszenierten, falschen Zeugenaussagen täuschen. Ein Aktivist aus Homs berichtete, kurz vor der Ankunft der Beobachter seien dutzende Regimetreue mit Bussen in das Wohnviertel gebracht worden, die sich dann als Einheimische ausgaben. Vor dem Besuch des Zentralgefängnisses der Stadt wurden hunderte politische Gefangene in umliegenden Kasernen versteckt, darunter vor allem die schwer Gefolterten.

Nach Angaben des „Lokalen Koordinierungskomitees“ (LCC), einer Dachorganisation der Opposition, sind seit Beginn der arabischen Mission am 26. Dezember weitere 390 Menschen gestorben. Nach wie vor operierten Scharfschützen und Greiftrupps in den Städten völlig ungehindert. Grüne Militärlaster würden wie Polizeifahrzeuge blau umgespritzt, Soldaten in Polizeiuniformen gesteckt sowie Straßenschilder vertauscht, um den ausländischen Kontrolleuren die Orientierung zu erschweren.

Anfang der Woche hatte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, als ersten Erfolg verkündet, Präsident Assad habe 3.500 politische Gefangene frei gelassen. Menschenrechtler, wie Rami Abdel Rahman, Chef der angesehenen „Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ in London, sehen dafür keinerlei Anhaltspunkte. Nach Schätzungen von Menschenrechtlern sind in Syrien seit Beginn der Unruhen im März 2011 mindestens 6.800 Menschen gestorben und 69.000 verhaftet worden, von denen 37.000 nach wie vor hinter Gittern sitzen.

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