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Syrien: Die Zweifel der Opposition

Auch nach der Einigung zwischen Syriens Regime und Arabischer Liga gibt es wieder Tote. Assads Gegner sehen sich bestätigt.

Kairo/Berlin - Einen Tag, nachdem Syrien sich mit der Arabischen Liga auf einen Plan verständigte, der das Blutvergießen beenden soll, hat es am Donnerstag wieder mindestens zwölf Tote gegeben. Panzer fuhren auf das Gelände der Universität von Homs. Sicherheitskräfte sollen Verwundete verschleppt haben, berichteten Augenzeugen. Aktivisten aus mehreren Städten meldeten, dass Scharfschützen von Dächern auf Demonstranten geschossen hätten. Ob das Regime in Damaskus seinen Kurs tatsächlich ändert, wird sich am Freitag zeigen. Die Opposition hat landesweit zu Demonstrationen unter dem Slogan „Gott ist groß, gegen Despoten und Tyrannen“ aufgerufen.

Die Arabische Liga erwartet, dass Damaskus sofort mit der Umsetzung des Plans beginnt – also ein Ende jeder Gewalt, Rückzug der Armee und Freilassung der Gefangenen, die auf 70 000 geschätzt werden. Zudem sollen lokale und internationale Medien sich frei bewegen können. Das Dokument sieht aber weder einen Zeitrahmen noch Sanktionen für den Fall vor, dass sich das Regime von Präsident Baschar al Assad nicht an die Abmachungen hält. Unklar ist auch, ob sich die Panzer aus der Stadt Homs, dem Zentrum der bewaffneten Zusammenstöße zwischen regulärer Armee und Deserteuren, zurückziehen müssen.

Kommt die syrische Regierung ihren Verpflichtungen nicht nach, werde die Liga die nötigen Resolutionen beschließen, erklärte der Außenminister von Katar, Scheich Hamad bin Jassem al Thani. Klar ist, dass sich die Vertreter der arabischen Länder nicht für eine internationale Militärintervention zum Schutz der Zivilbevölkerung nach libyschem Muster aussprechen werden. Das hat der Außenminister der Arabischen Emirate seinem russischen Amtskollegen versichert. Die arabische Dachorganisation ist gespalten. Während beispielsweise Libyen bereits den Syrischen Nationalrat als einzigen Vertreter des Landes anerkannt hat, ist eine Mehrheit der Staaten noch nicht bereit, Assad fallen zu lassen.

Die Liga hatte ihren Plan auch nicht mit der syrischen Opposition abgesprochen. Der syrische Oppositionelle Salam al Kawakibi, der in Paris als wissenschaftlicher Direktor die Arab Reform Initiative leitet, ist skeptisch. Der Plan der Arabischen Liga sei in einigen Punkten „zweideutig“, sagte er dem Tagesspiegel: So soll das Regime die bewaffneten Kräfte aus den Städten abziehen – es sei aber nicht ausdrücklich klargestellt, ob dies nur die Armee oder auch die Milizen seien, welche die treibende Kraft bei der Niederschlagung der Demonstrationen sind. Sollte nur die reguläre Armee abgezogen werden, könne das Regime damit gut leben, meint Kawakibi. Unklar sei auch, ob die Liga Beobachter vor Ort schicken werde. Er betont, dass die desertierten syrischen Soldaten, die sich in der Freien Armee zusammengeschlossen haben, ihren bewaffneten Kampf am Mittwoch unterbrachen, um dem Plan der Arabischen Liga eine Chance zu geben. Kawakibi fürchtet allerdings, dass das Regime „nur Zeit gewinnen“ will. Kawakibi lobte den Vorschlag des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Nabil al Arabi, Kairo als Ort vorzuschlagen, an dem sich Vertreter des Regimes und der Opposition treffen sollten.

Auch die Opposition in Syrien unterstütze mittlerweile die Forderung der Auslandsopposition, dass Gespräche nur außerhalb Syriens stattfinden dürften, um Oppositionelle zu schützen. „Wir wollen Verhandlungen über einen Machtwechsel, keinen nationalen Dialog“, betont Kawakibi. Im Plan der Arabischen Liga wird das Wort „hiwar“ verwendet, was Dialog oder Verhandlungen bedeuten kann – je nach Standpunkt. Astrid Frefel/Andrea Nüsse

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