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Syrien: Druck auf Vereinte Nationen wächst

Die Gewalt eskaliert, die Arabische Liga unterbricht ihre Beobachtermission. Bei schweren Gefechten in Syrien sind allein am Sonntag nach Angaben von Menschenrechtlern 66 Menschen getötet worden. Wie gehen die UN damit um?

Mindestens drei Trabantenstädte in der Umgebung von Damaskus sind bereits in der Hand der Rebellen, die offenbar auch über einzelne Panzer verfügen. Den ganzen Sonntag über gingen die heftigen Gefechte zwischen regulären Truppen und desertierten Soldaten weiter. Amateurvideos zeigten Rauchsäulen über den Wohnvierteln, Augenzeugen berichteten von maskierten Kämpfern, die auf den Straßen patrouillieren. Zwei Busse mit Soldaten gerieten nahe der syrischen Hauptstadt in einen Hinterhalt, mindestens 16 Uniformierte starben. Nach Angaben der „Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ in London sind allein am Sonntag 66 Menschen getötet worden. Unter den Todesopfern seien 26 Zivilisten. Insgesamt starben seit dem Ausbruch des Volksaufstandes vor zehn Monaten mehr als 5000 Menschen.

Am Samstag setzte die Arabische Liga ihre Beobachtermission vor Ort aus wegen „der kritischen Verschlechterung der Lage in Syrien und dem ungebremsten Einsatz von Gewalt“, wie Generalsekretär Nabil al Arabi erklärte. Ende der Woche will der arabische Staatenbund entscheiden, ob er das heftig kritisierte diplomatische Unternehmen ganz abbricht. Damit geraten auch Russland und China immer mehr unter Druck, endlich einer UN-Resolution gegen das Regime von Präsident Bashar al Assad zuzustimmen.

Dem UN-Sicherheitsrat liegt seit Freitag ein neuer arabisch-europäischer Resolutionsentwurf vor, über den Mitte der kommenden Woche abgestimmt werden soll. Er verlangt von dem syrischen Diktator die Übergabe der Macht an seinen Vizepräsidenten innerhalb der nächsten zwei Monate, die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit sowie freie demokratische Wahlen. Der vorgelegte Stufenplan ähnelt dem Friedensplan, den die Golfstaaten nach monatelangem Gezerre kürzlich im Jemen durchsetzen konnten. Präsident Ali Abdullah Saleh hat inzwischen die Macht abgegeben und befindet sich offiziell zur medizinischen Behandlung in den USA.

Al Arabi reiste am Sonntag nach New York, um am Dienstag vor dem UN-Sicherheitsrat zusammen mit dem Emir von Qatar, Hamad bin Jassim al Thani, für die arabische Position zu werben. Auch der Chef des oppositionellen Syrischen Nationalrates, Burhan Ghaliun, will dort „den syrischen Fall präsentieren und Schutz für die Bevölkerung verlangen“. Der Chef der Arabischen Liga erklärte, er hoffe, Russland und China würden ihre Haltung noch revidieren und der Resolution zustimmen. Bisher haben beide Mächte jede Verurteilung des syrischen Regimes blockiert. Sie argwöhnen, der Westen und die Arabische Liga könnten die Resolution als Vorwand nutzen, um wie in Libyen erneut militärisch einzugreifen. Eine solche Intervention hatte vor zwei Wochen der Emir von Qatar ins Gespräch gebracht. Syriens UN-Botschafter denunzierte Qatar daraufhin als „winzigen Golfstaat, der zur Hälfte von den USA besetzt ist“.

Außenminister Westerwelle drängte wie sein französischer und britischer Amtskollege auf „eine klare Reaktion des Sicherheitsrats“. Der europäisch-arabische Entwurf sei eine gute Grundlage für eine eindeutige Verurteilung der Gewalt durch das syrische Regime, ließ er in Berlin erklären und forderte alle auf, „die bisher zögerlich waren, sich der notwendigen und angesichts der Verschärfung der Situation überfälligen Resolution nicht länger in den Weg zu stellen“.

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