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Syrien: Opposition sieht kurdische PKK als Helfer Assads

Auch die Türkei ist besorgt wegen des Engagements der Rebellenpartei – eine Intervention ist daher nicht ausgeschlossen. Es gibt laut Medienberichten Pläne für eine Pufferzone im Grenzgebiet. Die PKK droht mit Gewaltaktionen in der Türkei.

Erstmals sind Menschen auf türkischem Boden am Montag durch Schüsse von der syrischen Seite der Grenze getötet und verletzt worden. Unter den Verletzten waren neben syrischen Flüchtlingen auch ein türkischer Polizist und eine türkische Übersetzerin. Die türkische Regierung erklärte, sie prüfe, ob es sich bei dem Vorfall in der Nähe eines türkischen Auffanglagers in der Grenzprovinz Kilis um einen gezielten Beschuss handelte.

Einen Tag vor dem Besuch von Syrien-Vermittler Kofi Annan in den Flüchtlingslagern zeigt der Zwischenfall, wie hoch die Gefahr einer Ausweitung des syrischen Konflikts auf die Nachbarländer ist. Nicht nur die Schüsse aus Syrien bereiten der Türkei Kopfzerbrechen: Mit Sorgen registriert Ankara eine enger werdende Zusammenarbeit zwischen dem Regime in Damaskus und den türkisch-kurdischen Rebellen von der PKK. Syrische Unterstützung für die PKK hat eine lange Tradition. In den 1990er Jahren residierte PKK-Chef Abdullah Öcalan in Damaskus – bis er 1998 das Land verlassen musste, weil die Türkei mit einem Einmarsch drohte. Während einer Phase der politischen Annäherung zwischen Syrien und der Türkei nach dem Jahr 2000 kappte Baschar al Assad die Hilfe für die Kurdenrebellen, doch nun sind sie zurück in Syrien.

Vertreter der syrischen Exilopposition in Istanbul berichteten dem Tagesspiegel, die PKK habe etliche Kämpfer mit Billigung aus Damaskus nach Syrien gebracht. Mahmut Osman, der Türkei-Vertreter des Oppositionsdachverbandes SNC, bezeichnete die PKK als „Subunternehmer“ für das Assad-Regime. Die Kurdenrebellen setzten die Bevölkerung in den nordsyrischen Kurdengebieten unter Druck und hielten sie davon ab, sich den regierungsfeindlichen Protesten anzuschließen.

„Die Türkei ist besorgt“, sagte ein ranghoher türkischer Regierungsvertreter dem Tagesspiegel. Ankara habe geheimdienstliche Informationen über die neue PKK-Präsenz in Syrien, die ständig ausgewertet würden. Wie die Schüsse an der Grenze bei Kilis lässt die syrische Unterstützung für die PKK eine türkische Intervention wahrscheinlicher werden. Ankara hat mehrfach erklärt, die Errichtung einer Sicherheitszone auf syrischem Boden komme dann infrage, wenn die nationale Sicherheit der Türkei gefährdet sei.

Die Zeitung „Milliyet“ berichtete am Montag, die Pläne für eine solche Pufferzone seien fertig. Der Bericht wurde in Regierungskreisen nicht bestätigt – dementieren wollte ihn aber auch niemand. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte vor wenigen Tagen angekündigt, die Türkei werde einige „Schritte umsetzen“, falls aus dem angekündigten Truppenrückzug mit Waffenstillstand diese Woche nichts werden sollte.

Syriens Einladung für die PKK verleiht dem Konflikt eine weitere gefährliche Dimension. Der amtierende PKK-Chef Murat Karayilan erklärte kürzlich, ein Eingreifen der Türkei in Syrien werde „ganz Kurdistan zum Kriegsgebiet“ machen – eine klare Drohung mit Gewaltaktionen der Rebellen in der Türkei selbst. Samir Nashar von der SNC sagt, für Assad sei die PKK eine „Trumpfkarte in seinem Streit mit der Türkei“.

Nach türkischen Berichten tötete die PKK einige regierungsfeindliche Kurdenpolitiker in Syrien; zudem hätten die Rebellen auf der syrischen Seite der Grenze zur Türkei ein Lager für ihre Kämpfer errichten dürfen. Der Nahost-Spezialist Oytun Orhan von der Denkfabrik Orsam betont aber, die Kollaboration zwischen Syrien und der PKK habe Grenzen. So bezweifle er, dass Damaskus den Kurdenrebellen die Erlaubnis geben werde, von Syrien aus Anschläge in der Türkei zu verüben. „Denn das würde eine türkische Intervention wahrscheinlicher machen.“

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