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Auf sich allein gestellt: Drei von vier Kindern, die von Save the Children befragt wurden, haben Angehörige verloren.

© Save the Children

Syrien: Überleben in der Kampfzone

Gewalt, Hunger und Angst: Kinder leiden laut einer Studie besonders unter dem Bürgerkrieg in Syrien. Die grausame Realität des Krieges hat Millionen Mädchen und Jungen eine unbeschwerte, geborgene Kindheit geraubt.

Yasmine ist gerade mal zwölf Jahre alt. Doch was Leid, Angst und Trauer für einen Menschen bedeuten, weiß sie bereits ganz genau. Ein Schicksal, das das Mädchen mit Millionen anderen Kindern in Syrien teilt. „Ich habe gesehen, wie mein Vater gegangen ist und wie er vor unserem Haus erschossen wurde. Ich war so traurig, ich habe geweint. Wir lebten ein normales Leben und hatten genug zu essen. Jetzt sind wir auf andere angewiesen. An diesem Tag hat sich für mich alles verändert.“

Seit zwei Jahren herrscht nun schon Bürgerkrieg in Syrien. Für die Menschen dort hat das schreckliche Folgen: Freunde und Verwandte kommen ums Leben – 70 000 Tote sind seit Beginn des Aufstands gegen Machthaber Baschar al Assad zu beklagen. Ein Zuhause existiert nicht mehr, Millionen sind auf der Flucht. Man fristet ein Dasein in kargen Lagern, Parks, Höhlen oder zwischen Trümmern. Viele wissen weder ein noch aus. Jeden Tag müssen die Syrer ums Überleben kämpfen.

Von der Gewalt sind vor allem Kinder betroffen. Hunger, Angst, Obdachlosigkeit und fehlende medizinische Versorgung machen das Aufwachsen zu einem Drama. Nach Schätzungen der Hilfsorganisation Save the Children, die am Mittwoch ihren Bericht „Kinder im Kreuzfeuer“ vorstellte, hat die grausame Realität des Krieges Millionen Mädchen und Jungen eine unbeschwerte, geborgene Kindheit geraubt.

Die Studie mit ihren Erlebnisberichten vermittelt zumindest ansatzweise einen Eindruck davon, welches Ausmaß die Gewalt gegenüber Kindern inzwischen erreicht hat und wie verheerend sich der Konflikt auf ihr Leben auswirkt. Laut Save the Children mangelt es an allem. Weder gibt es ausreichend Nahrung, sauberes Trinkwasser und medizinische Versorgung noch sichere Unterkünfte oder sanitäre Anlagen. Auch von einem geregelten Schulunterricht kann längst keine Rede mehr sein. Die meisten Gebäude sind zerstört oder wurden zu dringend benötigten Notlagern umfunktioniert. Ganz zu schweigen vom mörderischen Krieg und der Angst, die er erzeugt. Yasmine, die in Wirklichkeit einen anderen Namen hat, beschreibt ihn so: „Die meisten Häuser wurden angegriffen. Wir mussten in einem Zimmer unterkommen. Die anderen Zimmer wurden getroffen. Ständig schlugen Bomben um uns herum ein. Ich hatte große Angst. Ich wusste, wir können nicht aus dem Zimmer raus. Dreizehn Personen waren wir dort. Zwei Wochen lang haben wird dieses Zimmer nicht verlassen. Es war so laut.“

Bedrückend und gefährlich sind die Kampfhandlungen auch aus anderen Gründen. Nach Informationen von Save the Children werden Jungen als Kuriere oder menschliche Schutzschilde missbraucht, Mädchen zum Schutz vor sexueller Gewalt zwangsverheiratet. Zudem würden bewaffnete Gruppen und Einheiten Kinder als Soldaten rekrutieren.

Der Bericht von Save the Children basiert laut Geschäftsführerin Kathrin Wieland vorwiegend auf Befragungen von Kindern in Flüchtlingslagern. Mitarbeiter der Organisation lassen sich dabei die Erlebnisse der Mädchen und Jungen schildern. Und die allermeisten Erzählungen haben etwas Erschreckendes gemeinsam: Sie stammen von Kindern des Krieges.

Um ihnen helfen zu können, appelliert Save the Children an die Weltgemeinschaft, alles daran zu setzen, den Konflikt und damit auch das Leid der Menschen endlich zu beenden. Da eine Lösung jedoch nicht in Sicht sei, müsse den Hilfsorganisationen wenigstens ein ungehinderter Zugang in alle Regionen des Landes gewährt und die bereits zugesagten finanziellen Mittel für humanitäre Hilfe sofort bereitgestellt werden – gerade zum Wohl der Kinder, die besonders unter Krieg und Gewalt leiden.

So wie Noor. Der Achtjährige hat seinen Onkel und die Großmutter sterben sehen. Nach seinen Erfahrungen befragt, antwortet er: „Woran ich mich erinnere? An Blut. Mehr nicht.“

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