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Eine Schweigeminute für die Opfer in Syrien bei der Eröffnung der Konferenz zum Wiederaufbau.

© dapd

Syrien: Zukunftspläne in Kriegszeiten

Bei einem Treffen von syrischen Oppositionellen und westlichen Helfern fordern die Assad-Gegner Hilfe beim Regimesturz. Der Westen sicherte Hilfen für den Wiederaufbau zu. Trotzdem verlief die Konferenz nicht ohne Spannungen.

Der Gegensatz könnte kaum größer sein: Während das syrische Regime tötet sowie täglich weitere Städte und Infrastruktur in Schutt und Asche legt und noch längst nicht klar ist, wie der Konflikt ausgeht, treffen sich in Berlin mehr als 50 Regierungsdelegationen aus aller Welt mit syrischen Oppositionellen zu Gesprächen über den Wiederaufbau des Landes. Und so war das Treffen der Arbeitsgruppe „Wirtschaftlicher Wiederaufbau und Entwicklung“, die Teil der „Freundesgruppe des syrischen Volkes“ ist, nicht frei von einer gewissen Binnenspannung zwischen syrischen Oppositionellen und westlichen Helfern.

Zwar versprach Außenminister Guido Westerwelle, alles zu tun, „um einen Kollaps der Infrastruktur und der Grundversorgung zu vermeiden“. Doch die syrischen Teilnehmer machten in drastischen Worten noch einmal klar, dass die Aufständischen mehr Unterstützung bräuchten, um den Sturz des Regimes zu beschleunigen. „Wir warnen die internationale Gemeinschaft, dass das syrische Regime die Zerstörung fortsetzen wird, solange es keine internationale Intervention gibt“, sagte der Vorsitzende des Oppositionsbündnisses Syrischer Nationalrat (SNC), Abdulbaset Sieda. Im Endkampf werde das Regime die Zerstörung der öffentlichen Infrastruktur noch intensivieren. „Der Wiederaufbau und die Entwicklung der syrischen Wirtschaft“ werde dann „sehr viel schwerer sein“, warnte Sieda.

Fotostrecke: Anhaltende Gewalt in Syrien

Westerwelle forderte zudem die syrische Opposition auf, möglichst schnell die Voraussetzungen für eine Übergangsregierung zu schaffen. „Die Menschen in Syrien müssen eine glaubwürdige Alternative sehen“, sagte der FDP-Politiker bei der Eröffnung der Tagung. Gleichzeitig verkündete der Minister, dass die Hilfe für den Wiederaufbau bereits jetzt beginne. Dazu gehöre die Kooperation mit Bürgerorganisationen in bereits befreiten Gebieten, um die Versorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten.

Video: Westerwelle verlangt Übergangsregierung

Basma Kodmani, frühere Wortführerin des SNC, fragt sich, warum der Westen auf die Bildung einer Übergangsregierung drängt. „Wozu brauchen wir jetzt eine Übergangsregierung, die über keine Mittel verfügt?“, fragt Kodmani im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Der SNC habe die Forderung der Syrer nach Flugverbots- und Sicherheitszonen seit langem klar ausgedrückt, aber der Westen sei dazu nicht bereit.

Auch der frühere Vize-Erdölminister Abdo Hussameddin, der sich als erstes hochrangiges Regierungsmitglied im März abgesetzt hatte, zeichnet zwar ein düsteres Bild von der Versorgungslage im Land: 70 Prozent der Benzinvorräte würden für Panzer gebraucht. Die Ölproduktion sei auf die Hälfte gefallen. Dennoch fordert er Unterstützung in Form von Training für die Freie Syrische Armee sowie Schutz vor Luftangriffen auf die Bevölkerung, denn weder Überläufer noch Versorgungsengpässe würden das Regime schnell stürzen.

Die „Freunde Syriens“ hatten sich gebildet, nachdem Russland und China im UN-Sicherheitsrat ihr Veto gegen eine Syrien-Resolution eingelegt hatten. Deutschland hat zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten die Leitung der Arbeitsgruppe, für deren Sekretariat die Bundesregierung zunächst 600 000 Euro zur Verfügung stellt.

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