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Politik: Syriens neuer Staatschef: Furcht vor einem gewaltigen Vakuum - Wie Jerusalem sich auf die neue Lage in Damaskus einstellt

Ministerpräsident Ehud Barak stellte in einer ersten Reaktion auf den Tod Assads - der für viele Israelis als Feind galt - fest: Israel versteht die Trauer des syrischen Volkes. Dieses hat sich bisher um Frieden bemüht und wird es auch in Zukunft tun; wer immer in Syrien an der Macht ist.

Ministerpräsident Ehud Barak stellte in einer ersten Reaktion auf den Tod Assads - der für viele Israelis als Feind galt - fest: Israel versteht die Trauer des syrischen Volkes. Dieses hat sich bisher um Frieden bemüht und wird es auch in Zukunft tun; wer immer in Syrien an der Macht ist. Israel will, dass weiter Ruhe an den Grenzen zu Syrien und Libanon herrscht und hofft, dass auch Syrien diesen Willen teilt.

Uri Saguy, als ehemaliger Chef des militärischen Geheimdienstes ein Intimkenner Syriens und von Barak nun zum Chefunterhändler für Gespräche mit Syrien ernannt, rät seiner Regierung zum Abwarten. Voraussetzung für diplomatische Vorstöße sei Stabilität in Damaskus. Auf Grund der jüngsten Säuberungsaktion in der Führung und nach Assads Tod habe sich Syrien in einen potentieller Herd von Instabilität verwandelt. Rifat Assad, der im Exil lebende Bruder des verstorbenen Staatschefs, wird von Saguy und allen anderen Syrien-Experten als "unberechenbarer Unruhefaktor" eingestuft.

Rifat Assad betreibt in London eine Fernsehstation, die ihre Programme nach Syrien austrahlt. Jetzt sei zu erwarten, so der Orientalist Ehud Yaari von israelischem Fernsehen, dass sich Rifat Assad über seine TV-Sender als bestmöglicher Nachfolgekandidat für die Führung in Damaskus anpreisen werde. Dabei könnte er von jenen unterstützt werden, die vom Säuberungsprozess erfasst worden waren. So könnte die Macht von Bachar el Assad doch noch bedroht werden.

Israels Tourismusminister Amnon Lipkin-Shahak, der als Generalstabschef lange Zeit mit der syrischen Armeespitze und anderen Unterhändlern verhandelte, meinte nun, dass "erst nach einer Übergangsperiode in Damaskus wieder über Frieden verhandelt werden kann". Gleichzeitig gestand er ein, dass er ebenso wie alle anderen "keine Ahnung hat, wie lange diese unsichere Situation anhält, denn Assad hinterlässt ein gewaltiges Vakuum an der Herrschaftsspitze".

Andere Minister wagten gar optimistischere Prognosen, so Industrie- und Handelsminister Ran Cohen von der sozialdemokratischen Meretz-Partei, der daran erinnerte, dass Assad nach jahrzehntelangem Kampf gegen Israel "doch noch den Weg zu Verhandlungen geebnet hat". Diese Chance gelte es nun zu nützen. Justizminister Yossi Beilin, Architekt der Osloer Abkommen mit den Palästinensern, sieht jetzt "eine Chance zum Neuanfang, denn Assad war in seinen eigenen Auffassungen gefesselt", was bei seinem Nachfolger nicht der Fall sein müsse.

Barak, der den Verhandlungen mit Syrien und einem Friedensvertrag Priorität gegenüber solchen mit den Palästinensern einräumte, dürfte nun erleichtert aufatmen. Das Hauptargument seiner Gegner, man könne sich nicht auf Assads Wort verlassen und wisse ohnehin nicht, was sein Nachfolger unternehmen werde, fällt nun weg. Gleichzeitig steht Barak für einige Zeit nicht mehr unter dem Druck, mit Syrien über die Rückgabe der Golanhöhen zu verhandeln.

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