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Mitglieder der "Fünften Brigade" in Dair az Zur im Osten des Landes. Sie tragen Flaggen der Kaida-nahen "Jabhat an Nusra"

© AFP

Update

Syrischer Bürgerkrieg: Islamisten reklamieren Führung in syrischer Opposition

Die vergangenen zwei Jahre hatten die syrischen Rebellengruppen ein Ziel: Assad schlagen. Nun fordern islamistische Kämpfer in einer Videobotschaft die gemäßigten Rebellen heraus. Sie wollen die Herrschaft in Syrien nach Scharia-Recht übernehmen.

Die syrische Opposition war stets ein fragiles Konstrukt - nun droht sie zu zerbrechen. Mehrere mächtige islamistische Rebellengruppen in Syrien haben sich in einem Video am Dienstagabend von der Auslands-Opposition und den gemäßigten Gruppen losgesagt. Das Video wurde auf der Homepage der Tawhid-Brigade veröffentlicht.

Zu sehen ist Abd al Aziz Salama, oberster politischer Führer der Tawhid-Brigaden in Aleppo, der sich in dem "Communiqué Nummer Eins: Über die Koalition und die vermeintliche Regierung" genannten Video an die Syrer wendet. Salama behauptet im Video, für 13 verschiedene Rebellenfraktionen zu sprechen, darunter neben der Tawhid-Brigade die Kaida-nahe "Jabhat an-Nusra" ("Unterstützer-Front"), die "Ahrar asch Scham" ("Islamische Bewegung der freien Männer Syriens") und die "Islamische Brigade".

Im Detail fordert er, alle militärischen und zivilen Kräfte sollen sich unter einem islamischen Dach versammeln, dass auf "den Regeln der Scharia basiert und diese zur einzigen Quelle des Rechts macht". Nicht anerkennen wollen die Extremisten die Nationale Koalition. Oppositionelle Kräfte, die aus dem Ausland agieren, anstatt in Syrien zu kämpfen - und die sich von Amerika leiten ließen - hätten keinerlei Legitimation mehr.

Viele Oppositionelle in Syrien sehen die Nationale Koalition, die neben Amerika auch von den Golfstaaten unterstützt wird, bereits seit längerem kritisch an. Ihr wird vorgeworfen, keinen Kontakt mit den Menschen in dem Land zu haben, in dem seit Beginn des Aufstandes vor zweieinhalb Jahren mehr als 100.000 Menschen ums Leben kamen. Die Koalition wurde auf Initiative Amerikas im qatarischen Doha gegründet. Ihr Präsident Ahmad Jarba hatte im Sommer als erster syrischer Oppositioneller die Vereinten Nationen besucht und in der Washington Post ein militärisches Eingreifen der US-Truppen in Syrien gefordert. Die Nationale Koalition hat aus dem Exil zudem eine Übergangsregierung gegründet, deren Führung der moderate Islamist Ahmad Tumah seit Anfang September inne hat.

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Abd al Aziz Salama erklärte im Video, Syrien könne nur von jenen repräsentiert werden, die bereit seien, sich im Lande für die Revolution zu opfern. Die Nationalkoalition und deren geplante Regierung unter Ahmad Tumah "repräsentiert uns nicht und wird wir erkennen sie nicht an", sagte Salama weiter.

Die Nationale Koalition wurde auf Initiative Amerikas im Emirat Katar gegründet. Ihr Präsident Ahmad Jarba hatte im Sommer als erster syrischer Oppositioneller die Vereinten Nationen besucht und ein militärisches Eingreifen der US-Truppen in Syrien gefordert. Die Nationale Koalition hat aus dem Exil zudem eine Übergangsregierung gegründet, deren Führung der moderate Islamist Ahmad Tumah seit Anfang September inne hat.
Die SNC weist den Anspruch der islamistischen Gruppen, die einzige legitime Opposition in Syrien zu sein, zurück. Aus SNC-Kreisen in Istanbul verlautete am Mittwoch, der Rat repräsentiere weiter alle Syrer und alle Gruppen, die das Regime von Baschar al Assad bekämpften. Übergangspräsident Ahmad Tumah ging zwar nicht aktiv auf das Video der islamistischen Gruppen ein, betonte aber am Rande eines SNC-Treffens, der Schlüssel für eine Zukunft Syriens sei "die Rolle von Bürgerrechtsorganisationen aktiv zu stärken".
Die Erklärung der Islamisten ist ein weiterer schwerer Rückschlag für die SNC, insbesondere weil sich ihr drei moderat-islamische Gruppen anschlossen, die bisher unter ihrem Dach operierten. Die SNC ist seit langem umstritten, weil sie vor allem aus Exil-Syrern besteht. Ihnen wird von Oppositionellen in Syrien selbst vorgeworfen, sich mehr um Posten und eigene Macht zu kümmern als um den Aufstand gegen Assad.

Auch für den Westen ist die Zurückweisung der SNC durch die islamistischen Gruppen eine Schlappe, denn die USA, Europa, die Golfstaaten und die Türkei unterstützten die Koalition bisher als Oppositionsplattform, die den Aufbau eines demokratischen und säkularen syrischen Staates nach einer Entmachtung Assads garantieren sollte – auch gegen den Widerstand der Islamisten.

Die haben im syrischen Bürgerkrieg zuletzt immer mehr an Stärke gewonnen. Moderate Rebellen und Islamisten haben längst begonnen, nicht nur gegen Assads Truppen, sondern auch untereinander zu kämpfen. Nach Einschätzung eines Mitarbeiters des US-Außenministeriums sind diese Zusammenstöße vor allem im Norden um Aleppo und im Osten des Landes derzeit so heftig wie seit Ausbruch des Krieges nicht mehr.

Die kämpfenden Gruppen im Süden des Landes sind am Communiqué nicht beteiligt. Auch die unabhängige Rebellenarmee "Freie Syrische Armee" ist nicht involviert und hat sich bislang nicht zum Video geäußert.

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