zum Hauptinhalt

Politik: Tagesspiegel-Umfrage: Im Osten die Gewinner? Die Berliner Sicht auf die Vereinigung

Westberliner ziehen nach wie vor eine negativere Bilanz der Einheit als die Bewohner des Ostteils der Stadt. Nach einer Umfrage des Instituts Infratest/dimap im Auftrag von Tagesspiegel und SFB ist knapp die Hälfte der Westberliner der Ansicht, dass ihnen die Vereinigung mehr Nachteile als Vorteile gebracht hat, während im Osten sieben von Befragten überwiegend Vorteile wahrnehmen.

Von Matthias Meisner

Westberliner ziehen nach wie vor eine negativere Bilanz der Einheit als die Bewohner des Ostteils der Stadt. Nach einer Umfrage des Instituts Infratest/dimap im Auftrag von Tagesspiegel und SFB ist knapp die Hälfte der Westberliner der Ansicht, dass ihnen die Vereinigung mehr Nachteile als Vorteile gebracht hat, während im Osten sieben von Befragten überwiegend Vorteile wahrnehmen.

Die Kritiker der Einheit sind in West wie Ost vorwiegend Personen mit schlechter Schulbildung, Arbeitslose und Rentner. 68 Prozent im Osten der Hauptstadt sehen sich als Gewinner der Einheit, im Westen nur 39 Prozent. In den Ost-Bezirken der Stadt nehmen sich nur 14, im Westen immerhin 22 Prozent als Verlierer wahr. 17 Prozent im Osten sind unentschieden, im Westen hat die Einheit 38 Prozent kaum Veränderungen gebracht.

Die Vorbehalte gegenüber den Menschen in der jeweils anderen Stadthälfte sind zurückgegangen, wie das Institut ermittelte. Allerdings sind die Westberliner nach wie vor reservierter als die Ostberliner: Ein Leben im anderen Teil der Stadt ist für 69 Prozent der Ostberliner, aber nur für 53 Prozent der Westberliner denkbar. Besonders zurückhaltend sind ältere Personen und Arbeiter - sowie im Westen CDU-, im Osten PDS-Anhänger. Immerhin noch 45 Prozent der Befragten - gleich verteilt in Ost und West - glauben, das sie den Unterschied in der Herkunft merken. Vor allem bei jüngeren Personen im Alter bis 45 scheint diese Unterscheidung an Bedeutung zu verlieren: Sechs von zehn sagen, sie bemerkten keine Unterschiede mehr.

Auch bei einer anderen Frage zeigt sich, dass es die Mauer in den Köpfen vielfach noch gibt: 37 Prozent der Westberliner hätten lieber einen West-Klassenlehrer für ihre Kinder, jeder vierte Ostberliner würde seinen Nachwuchs lieber von einem Ost-Pädagogen unterrichten lassen. Ähnlich sieht es bei der Wahl eines Politikers aus: 27 Prozent der Westberliner würden eher einem Westdeutschen trauen, 25 Prozent der Ostberliner einem Ostdeutschen. Gegenläufig ist der Trend nur bei zwei Berufsgruppen: 30 Prozent der Ostberliner trauen dem Rechtsanwalt aus dem Westen mehr zu, und immerhin zwölf Prozent der Westberliner suchen sich lieber einen Handwerker aus dem Osten.

Nur jeder dritte Berliner hält - insbesondere mit Blick auf die prekäre Lage auf dem Arbeitsmarkt - die wirtschaftliche Situation in der Stadt für gut. 50 Prozent beurteilen sie weniger gut, 13 Prozent sogar als schlecht.

Allerdings meint knapp die Hälfte, dass sich die Unterschiede in den Lebensverhältnissen zwischen Ost und West nivelliert haben. Die andere Hälfte der Hauptstädter sieht weiter große Unterschiede. Wiederum sind die Westberliner kritischer: Von ihnen sehen 51 Prozent große Unterschiede, in Ostberlin sind es nur 43 Prozent. Selbst eine knappe Mehrheit der PDS-Anhänger meint, dass es keine Ost-West-Unterschiede mehr in den Lebensverhältnissen zwischen Ost und West gibt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false