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Tauziehen. Oder auch Fingerhakeln. Wenn die Koalitionsspitzen am Sonntag das Restprogramm für die Wahlperiode festzurren, ist jedenfalls Kraft gefragt.

© dpa

Tauziehen um die Rente: Koalitionsspitzen suchen den gemeinsamen Nenner

Beim Koalitionsgipfel am Sonntag kann Schwarz-Gelb noch einmal praktische Handlungsfähigkeit beweisen. Aber wie die verschiedenen Forderungen bei der Rente auf einen Nenner gebracht werden können, ist drei Tage vor dem Treffen noch völlig unklar.

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Im Grunde, sagt einer, der im Bilde ist – im Grunde könnte der Koalitionsgipfel in zwei Stunden zu Ende sein, pünktlich zur „Tagesschau“. Denn im Grunde seien sich Union und FDP inzwischen sehr weitgehend einig in den Streitfragen, die die Partei- und Fraktionschefs am Sonntag im Kanzleramt lösen wollen. Wenn da bloß nicht die Sache mit der Rente wäre. Es wird absehbar das letzte Spitzentreffen, bei dem Schwarz-Gelb noch einmal praktische Handlungsfähigkeit beweisen kann – für weitere Projekte reichte die Zeit für die Gesetzgebung nicht mehr, zumal im Wahljahr. Aber wie die verschiedenen Forderungen aus der Union bei der Rente auf einen Nenner gebracht und wie dies alles auch noch mit der Haushaltssanierung in Einklang zu bringen sein könnte, ist drei Tage vor dem Treffen noch völlig unklar.

Der Rest ist daran gemessen fast einfach. Dass die CSU zum dritten Mal aus dem gleichen Spitzenkreis das Betreuungsgeld mitnehmen darf, wird auch von der FDP nicht mehr strittig gestellt. Über die von FDP-Chef Philipp Rösler ins Spiel gebrachte Variante, die 150 Euro für daheim erziehende Eltern wahlweise auch in eine Art Bildungssparen zu investieren, wird noch gesprochen. Aber auf allen drei Seiten gilt das Thema nicht mehr als echter Knackpunkt.

Etwas komplizierter liegt der Fall bei der Praxisgebühr. Aber trotz aller prinzipiellen Bedenken dagegen, eine Zuzahlung abzuschaffen, die man womöglich in ein paar Jahren wieder gut gebrauchen könnte, ist CDU und CSU durchaus klar, dass die FDP am Sonntag hier einen Erfolg braucht.

Bleibt die Forderung der CSU nach einer Milliarde Euro mehr für Infrastruktur und Straßenbau, bleibt die Rente, und bleibt der Haushalt. Alle drei Punkte hängen eng zusammen. Seit Rösler einen ausgeglichenen Haushalt bereits für 2014 zu seinem Ziel erklärt hat, wiegt politisch jeder zusätzliche Euro doppelt schwer. Der FDP-Chef ist zwar inzwischen auf die Linie des Finanzministers eingeschwenkt: Das strukturelle Defizit – also das Minus abzüglich rein konjunktureller Effekte – bis 2014 auszugleichen, sei vorstellbar, hatte Wolfgang Schäuble erklärt. Seither spricht Rösler ebenfalls nur noch von diesem „strukturellen Defizit“.

Aber auch das zu erreichen, wäre schon „anspruchsvoll“, sagt ein Koalitionär. Größere Mehrausgaben sind damit vollends unvereinbar. Zumal Kanzlerin Angela Merkel die Sparlinie unterstützt. Es sei „angesichts einer vernünftigen Entwicklung auch der Steuereinnahmen zu prüfen, inwieweit wir unsere Ziele auch möglichst schnell erreichen können“, sagte die CDU-Chefin am Rande eines Treffens mit dem irischen Premier.

Nur eben: Gerade Rente kostet. Auch deshalb blieb die Arbeitsgruppe der Unionsfraktion zur Lösung des internen Rentenzanks ohne Ergebnis. „Jede Gruppierung beharrt auf ihren Wünschen und bewegt sich keinen Zentimeter“, klagte einer der Teilnehmer nach der letzten Sitzung am vorigen Freitag. Die Arbeitsministerin und der Arbeitnehmerflügel wollen die Rente von Geringverdienern aufstocken. Junge Unionsabgeordnete verlangen gemeinsam mit der FDP Freibeträge für Zusatzeinkünfte aus privater Altersvorsorge. Die CDU-Frauen legen mit den Christsozialen Wert darauf, dass die Pflege- und Kindererziehungszeiten älterer Frauen besser angerechnet werden.

Jede einzelne dieser Maßnahmen kostet mittelfristig mindestens drei Milliarden Euro. Unter den Experten kursieren zwar schon Ideen, wie sich die Summen begrenzen ließen. Man könnte etwa die Rente für Erziehungszeiten vor 1992 statt um – unbezahlbare – zwei Entgeltpunkte nur um einen oder einen halben aufstocken. Doch die Experten sind am Sonntag nicht dabei. Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und Fraktionschef Volker Kauder werden entscheiden müssen, wo sie im engen Finanzrahmen Prioritäten setzen. Im Zweifel könnte es darauf hinauslaufen, mindestens eine Interessengruppe zu enttäuschen. Dieser Knoten jedenfalls, sagen alle, ist noch nicht durchschlagen.

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