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Politik: Terror gegen USA: Unter Schock - Betroffenheit in Israel und den arabischen Staaten

In den Straßen von Kairo mischen sich Entsetzen mit einem gewissen Fatalismus. In Cafes, Läden und Friseur-Salons in Kairo stehen Menschengruppen vor dem Fernseher.

In den Straßen von Kairo mischen sich Entsetzen mit einem gewissen Fatalismus. In Cafes, Läden und Friseur-Salons in Kairo stehen Menschengruppen vor dem Fernseher. "Hoffentlich waren das keine Araber", war Mahers erster Kommentar, als er in einem Cafe in der Adli-Straße die Bilder der Anschläge in New York sieht. Er und seine Freunde sehen sofort einen Zusammenhang mit den Ereignissen in Palästina. Sein Freund Tahir beruhigt ihn damit, dass Araber zu so einer konzertierten Aktion gar nicht fähig sind. Andererseits können sich beide nicht vorstellen, wer sonst einen solchen Hass auf die US-Regierung haben könnte.

Zum Thema Online Spezial: Terror gegen Amerika Fotos: Der Anschlag auf das WTC und das Pentagon Chronologie: Die Anschlagserie gegen die USA Reaktionen: Weltweites Entsetzen Hintergrund: Terrorangriffe auf Ziele der USA Viele Araber machen die USA mitverantwortlich für die israelische Politik, palästinensische Führer zu ermorden und militärisch gegen die Bevölkerung vorzugehen. Auch im Lebensmittelladen nebenan steht eine Menschengruppe schweigsam vor dem kleinen Schwarz-Weiß-Fernseher. Das ägyptische Fernsehen überträgt die Sendungen von CNN und übersetzt die amerikanischen Kommentare live ins Arabische. Der Ladenbesitzer schüttelt ungläubig den Kopf. "Wenn dies irgendwas mit dem Nahostkonflikt zu tun hat, wird die Rache schrecklich sein", fürchtet er. Wirklich überraschen würde ihn ein solcher Zusammenhang ebenfalls nicht.

"Die USA haben schwere Fehler gemacht, in Palästina, bei der Rassismuskonferenz in Durban, irgendetwas würde geschehen, bei soviel aufgestautem Ärger und Ohnmacht", meint der junge Mann. Auch in anderen arabischen Ländern überwog das Entsetzen. In mehreren autonomen palästinensischen Städten im Westjordanland kam es zu spontanen Freudenkundgebungen, wobei die palästinensische Polizei versuchte, diese abzudrängen und aufzulösen. Gegen Abend strömten einige Dutzend Palästinenser auf die Salah Eddin-Hauptgeschäftsstrasse in Ost-Jerusalem, schwenkten jubelnd palästistinensische Fahnen und verteilten Bonbons an Kinder. In Südlibanon feierten einige palästinensische Flüchtlinge die Nachrichten von den Terroranschlägen mit Freudenschüssen in die Luft.

In Israel glaubt bemerkenswerterweise niemand an die Möglichkeit, dass palästinensische Extremisten islamistischer Herkunft die Täter sein könnten. Zwar hatte zuerst angeblich die "Demokratische Volksfront zur Befreiung Palästinas" (DFLP) die Verantwortung übernommen. Doch kurz darauf kam das Dementi. Auch die palästinensische Dachorganisation PLO betonte sofort, sie habe mit den Anschlägen nichts zu tun.

Israels Luftwaffe wurde unmittelbar nach den Anschlägen in Alarmbereitschaft versetzt. Bis zum Donnerstag wurde der Luftraum über Israel für alle ausländischen Flugzeuge gesperrt. Auch die israelischen Sicherheitsexperten stellen sich die Frage, ob so etwas auch in Israel passieren kann. Denn das höchste Bürohochhaus in Tel Aviv liegt exakt auf der Anflugschneise des internationalen Flughafens Ben Gurion 30 Kilometer von der Stadt entfernt. Wenn ein selbstmörderischer Pilot auch nur das Höhenruder etwas nach unten zieht - und ohne von der Anfluglinie auch nur einen Millimeter abzuweichen - knallt er direkt auf den "Schalom"-Tower, der sich im Besitz des ehemaligen Botschafters in den USA und heutigen außenpolitischen Beraters von Ministerpräsident Ariel Scharon, Zalman Shuval, befindet.

Der "Frieden"-Büroturm war bereits mindestens einmal Ziel eines Terrorangriffes gewesen, doch erfolgte dieser am Boden. Deshalb gelten dort unten strengste Sicherheitsvorschriften, während für die obersten Stockwerke wohl nun auch solche ausgearbeitet und angewandt werden. Dies gilt auch für den höchsten Bau überhaupt in dieser Weltgegend, die mit Antennen bespickte "Nadelspitze" des Verteidigungsministeriums und des Armee-Hauptquartieres. Das markante Gebäude war vor zehn Jahren, im Golfkrieg, Ziel irakischer "Scud"- Raketenangriffe gewesen, die es jedoch alle, zum Teil allerdings nur äusserst knapp, verfehlten. Israel hat inzwischen das "Arrow"-Raketenabwehrsystem entwickelt und erfolgreich getestet. Doch diese Raketen, die mit erheblicher finanzieller Unterstützung der USA entwickelt worden sind, richten sich gegen ballistische Raketen und nicht gegen Flugzeuge, bei denen man ja erst im letzten Augenblick, wen überhaupt, feststellen kann, dass sie für Terroranschläge missbraucht werden.

Der israelische Botschafter in Frankreich, Elie Barnavi, vertrat die Ansicht, die US-Amerikaner seien "genauso verhasst" wie die Israelis, "wenn nicht noch mehr". Die USA seien seit langem die Verbündeten Israels, sagte Barnavi bei einem Besuch in Orléans. In Europa habe es bereits vor Jahren Anschläge islamischer Fundamentalisten gegeben, fügte der israelische Botschafter hinzu. "Ich hoffe, dass das nicht wieder kommt, aber ich bin mir dessen nicht sicher."

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