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Politik: Terror-Training ohne Grenzen

Ausbildung für Iraker im Iran und im Libanon

Wecken ist vor Sonnenaufgang, das Morgengebet Pflicht. Nach dem Frühstück beginnt der Tag mit Waffendrill und Scharfschützenausbildung. Im Stundentakt folgt Unterricht im Bombenbauen, in Koranlektüre und im Überfall auf Militärkonvois. Abends gibt es zur Entspannung Fernsehen und Tischtennis, um 23 Uhr müssen alle in ihren Betten liegen. Drei bis vier Wochen dauern diese straff organisierten Guerilla-Grundkurse, veranstaltet von den Revolutionären Garden des Iran und libanesischen Hisbollah-Trainern. Schiitische Milizionäre aus dem Irak erlernen in Camps nahe Teheran ihr blutiges Handwerk.

Seit etwa einem Jahr hat die amerikanische Militärführung in Bagdad diese sogenannten „Special Forces“ als neuen Hauptfeind und Nachfolger von Al Qaida ausgemacht – ein loses Netzwerk von im Iran ausgebildeten Militanten, die „für die schlimmste Gewalt in den Jahren 2007 und 2008 verantwortlich“ sind. Um dies zu untermauern, gab das Oberkommando jetzt 85 Seiten von Verhörprotokollen mit zwei Dutzend gefangenen Kämpfern frei. Sie zeichnen erstmals ein detailliertes Bild von dem Alltag in iranischen und libanesischen Waffenschulen. Das „Zentrum für Terrorbekämpfung“ der renommierten US-Militärakademie West Point hat das Dossier veröffentlicht, ein auf die Auswertung von Geheimdienstquellen über Al Qaida, den Iran und den Irak spezialisierter Think Tank. Zwar bleibt unklar, wie viele schiitische Attentäter bislang im Iran ausgebildet worden sind. Auch sind Aussagen solcher Gefangener generell mit Vorsicht zu betrachten. Allerdings findet sich in den Dokumenten eine ganze Reihe übereinstimmender Einzelheiten.

So sammeln sich die Angeworbenen zunächst in der südostirakischen Stadt Amarah, bis Mittelsmänner sie in Autos über die Grenze oder mit Booten durch die Sümpfe in den Iran schleusen. Von den Städten Ahvaz oder Kermanschah geht es per Flugzeug nach Teheran. Untergebracht in Wohnblocks am Stadtrand, liegen die Militärcamps im näheren Umfeld der iranischen Hauptstadt. Dort bekommen die Iraker „Trainingsanzug, Handtuch und Verpflegung“, wie einer aussagte. Wer nicht nur den Grundkurs absolviert, sondern später als Guerilla-Trainer im Irak oder Anführer einer Terrorzelle agieren soll, erhält ein Aufbautraining im Libanon – von Teilnehmern als „wesentlich effizienter“ beschrieben. Überhaupt kommen Hisbollah-Trainer besser weg, weil sie Arabisch sprechen und auf die Iraker besser eingehen. Vom Flughafen in Damaskus geht es ohne Kontrollen in Allradfahrzeugen mit getönten Scheiben über die Grenze. Trainiert wird in „bewaldeten Gegenden, um nicht von Spionageflugzeugen entdeckt zu werden“.

Nach Einschätzung amerikanischer Militärs haben die Angriffe schiitischer „Special Forces“ auf die Koalitionstruppen in den letzten Monaten etwas nachgelassen. Sie rechnen jedoch mit einer neuen Attentatswelle, mit der die Regionalwahlen im Januar 2009 gestört werden sollen. Am Wochenende brüstete sich ein hochrangiger Kommandeur der paramilitärischen Basij-Milizen, der Iran bewaffne jetzt „Freiheitsarmeen“ im ganzen Mittleren Osten.

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