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Politik: Terror und die Folgen: Eine Demonstration fast wie in den alten Zeiten

Die Bilder erinnern an die feurigen Revolutionsjahre, als aufgebrachte iranische Massen in den Straßen Teherans die Fäuste zum Fluch gegen den "großen Satan" USA schwangen. In den vergangenen Jahren war dieser Revolutionsruf weitgehend verstummt.

Die Bilder erinnern an die feurigen Revolutionsjahre, als aufgebrachte iranische Massen in den Straßen Teherans die Fäuste zum Fluch gegen den "großen Satan" USA schwangen. In den vergangenen Jahren war dieser Revolutionsruf weitgehend verstummt. Das Gedenken an den Sieg Ayatollah Chomeinis am 11. Februar 1979 zog Jahr für Jahr weniger Menschen an. Doch am Montag stand Teheran ganz im Banne eines hochemotionalen Nationalismus.

Die alten Slogans, wie "Tod Amerika, Tod Israel", wechselten sich mit dem Ruf ab: "Unser Volk ist wach und hasst Amerika". US-Präsident George Bushs jüngste Verbalatacken gegen die "Islamische Republik", die er - neben dem Irak und Nordkorea - als Teil einer "Achse des Bösen" bezeichnete, hat die Iraner aller politischen Richtungen wegen der Undifferenziertheit der Kritik zutiefst empört. So folgten Zehntausende am Montag der Aufforderung der islamischen Führung, um ihre Unterstützung der "Republik der Ayatollahs" angesichts der US-Drohungen zu bekunden. Selbst Präsident Mohammed Chatami, der sich seit Jahren um eine Aussöhnung mit dem Westen bemüht, hatte die Iraner auf die Straßen gerufen: "Der beste Weg, Druck und Drohungen von unreifen Führern zu entgegnen, ist Eure Präsenz hier, in einem Wort, die Stärkung der Demokratie", rief Chatami Zehntausenden entgegen.

Den unpopulären Gegnern Chatamis aber bot der neue Konflikt mit den USA die hochwillkommene Chance, im Machtkampf gegen die Reformer an Boden zu gewinnen und einen Teil der Bevölkerung hinter sich zu scharen. So appellierten Konservative an Irans Jugend, ihre "Liebe zum Märtyrertod" zu bezeugen und sich für eventuelle Selbstmordaktionen gegen den amerikanischen Feind zu melden. Tausende Mitglieder der direkt dem "Geistlichen Führer" Chamenei unterstehenden Bassij-Miliz zogen in weißen Totenhemden durch die Straßen, um ihre Bereitschaft zum Tod zu bekunden, sollte die Supermacht das Land angreifen.

Die scharfe Kritik der USA wird in Teheran weithin als Ankündigung eines militärischen Schlages interpretiert, gegen den man sich mit allen Kräften wehren wolle. Das iranische Regime dementiert energisch Washingtons Vorwürfe, es arbeite an einem geheimen Nuklearprogramm und könne in wenigen Jahren über einsatzfähige Atomwaffen verfügen. Noch bevor auf der Straße die anti-amerikanischen Emotionen laut wurden, setzte die Regierung indes am Wochenende ein klares Zeichen zur Beschwichtigung der verärgerten Supermacht. Die Büros des seit Jahren im Iran lebenden afghanischen Kriegsherrn Gulbuddin Hekmatyar, der sich offen für den Sturz der Übergangsregierung in Kabul einsetzt, wurden geschlossen. Teheran erwägt seine Ausweisung.

Birgit Cerha

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