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Politik: Terror zum Jahreswechsel: Eine Bombe inmitten von Istanbul

Für die Türkei hat das neue Jahr mit Gewalt und Terror begonnen: Mitten in den Feiern zur Jahreswende im Stadtzentrum von Istanbul explodierte in der Neujahrsnacht eine Bombe und verletzte zehn Menschen. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand.

Für die Türkei hat das neue Jahr mit Gewalt und Terror begonnen: Mitten in den Feiern zur Jahreswende im Stadtzentrum von Istanbul explodierte in der Neujahrsnacht eine Bombe und verletzte zehn Menschen. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Die Polizei tippt jedoch auf einen Racheakt von linksextremistischen Unterstützern der hungerstreikenden Häftlinge, die vor zehn Tagen von den Sicherheitskräften gewaltsam aus den Haftanstalten geholt worden waren.

Der offenbar selbstgebastelte Sprengsatz ging wenige Minuten nach Mitternacht auf der Hauptflaniermeile Istiklal Caddesi im Vergnügungsviertel Beyoglu hoch, wo sich Zehntausende Menschen versammelt hatten, um das neue Jahr zu begrüßen. Eine Frau wurde von den herumfliegenden Splittern so schwer verletzt, dass sie sofort operiert werden musste; neun weitere Menschen wurden mit leichteren Verletzungen in die Krankenhäuser eingeliefert. Die Explosion löste außerdem eine Massenpanik in der Menge aus, die sich rasch bis zum mehrere hundert Meter entfernten Taksim-Platz ausdehnte. Statt friedlich den Anbruch eines neuen Jahres zu feiern, liefen die Menschen schreiend um ihr Leben.

Bombenanschläge sind in Istanbul keine Seltenheit. Außer linksextremistischen Gruppierungen haben auch Rechtsextremisten, die kurdische Rebellenorganisation PKK und islamistische Organisationen in der Vergangenheit schon Anschläge in der Millionenstadt verübt. Auf die linksextremistische Ecke fiel der Verdacht diesmal aber, weil der Konflikt um die Gefängnisse noch nicht ausgestanden ist. Der Staat freue sich zu früh, erklärte die Revolutionäre Volksbefreiungsfront (DHKC) nach der Erstürmung der Haftanstalten, bei denen mindestens 29 Insassen und zwei Soldaten ums Leben kamen. Die türkischen Behörden hätten nach den Gefängniserstürmungen davon gesprochen, dass die linksgerichteten Gruppen nun erledigt seien, hieß es in einer Erklärung der DHKC. An die Vertreter des türkischen Staates gerichtet, fügte die Organisation hinzu: "Ihr habt überhaupt nichts erledigt, das werden wir euch zeigen." Am Montag war aber noch offen, ob der Bombenanschlag von Istanbul eine Vergeltungsaktion der DHKC war.

Ungeklärt waren auch noch die Hintergründe mehrerer anderer Angriffe und Anschläge, die den Jahreswechsel in der Türkei begleiteten. Am Silvestertag entschärfte die Polizei eine Bombe, die vor einem Supermarkt im Istanbuler Verwaltungsviertel Aksaray deponiert war und rechtzeitig entdeckt wurde. Auch in der Stadt Zonguldak an der Schwarzmeerküste wurde eine Bombe gefunden und entschärft; der Sprengsatz war vor einer Polizeiwache deponiert. Ebenfalls am Silvestertag griffen Unbekannte ein Polizeirevier im Istanbuler Stadtteil Kasimpasa mit Steinen an und flüchteten anschließend unerkannt. Und auf dem Taksim-Platz im Herzen von Istanbul gab es in der Neujahrsnacht schon Unruhe, bevor die Bombe explodierte. Mit Molotov-Cocktails und Steinwürfen ging die Menge dort kurz vor Mitternacht auf ein großes Hotel los, bis die Polizei sie zurückschlug. Der Angriff hatte nach Angaben des Polizeichefs von Istanbul keinen politischen Hintergrund; er sei lediglich dem hohen Alkoholkonsum vor dem Jahreswechsel geschuldet gewesen.

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