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Gedenkstelle für die Opfer des Anschlags auf dem Breitscheidplatz in Berlin

© dpa/Sophia Kembowski

Terrorabwehr: Pannen bei Anis Amri ähneln Versagen beim NSU-Terror

Bei der Überwachung des Berlin-Attentäters Anis Amri haben die Behörden nicht nur operative Fehler gemacht. Schon bei den NSU-Terroristen verharrten sie in alten Denkweisen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Das ist ein harter Tag für die Sicherheitsbehörden. Nicht nur für Polizei und Staatsanwaltschaft in Berlin, gravierende Versäumnisse im Fall des Attentäters Anis Amri gab es  auch in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Der vom Berliner Senat berufene Sonderermittler Bruno Jost listet  in seinem Abschlussbericht  derart viele Pannen auf, dass das Vertrauen in die Effizienz der deutschen Terrorabwehr zwangsläufig erschüttert wird. Und das Debakel ist schlimm genug, um in seiner Dimension einem anderen Drama zu ähneln, dem  staatlichen Versagen im NSU-Komplex.

Aber es geht in beiden Fällen nicht nur um operative Fehler einzelner Behörden. Bei Amri wie im Fall der rechtsextremen Terrorzelle sind in der deutschen Sicherheitsarchitektur mentale Schwächen zu erkennen. Dem Tunesier traute offenbar niemand einen mörderischen Anschlag zu. Amri galt als eher haltlose Figur, als wirrer Drogendealer, radikalisiert – aber doch kein Topterrorist.

Auch bei den  überdrehten Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos kam niemand auf die Idee, sie könnten eine Art "Braune Armee Fraktion" aufziehen. Diese Blockade im Denken, das Verharren im alten Schema Terror-ist-nur-was-für-Profis, ist  allerdings keineswegs nur ein Manko der Sicherheitsbehörden. Auch in der Gesellschaft, die Medien vorneweg, wurden die "Döner-Morde" nicht  als rassistischer Terror begriffen. Und es ist zu bezweifeln, dass Journalisten und weitere Experten Amri anders bewertet hätten, wären ihnen die Erkenntnisse der Behörden bekannt gewesen.

Das relativiert nicht das Versagen staatlicher Stellen. Aber es könnte Anlass sein, dass Behörden und Gesellschaft gemeinsam nachdenken, ob die Wahrnehmung extremistischer Gefahren reicht.

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