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Vertrat vor dem Bundesverfassungsgericht die Position der Bundesregierung zum BKA-Gesetz: Innenminister Thomas de Maizière.

© Uli Deck/dpa

Terrorabwehr - was darf das BKA?: Die Grenzen der Ausforschung

Das Bundesverfassungsgericht befasst sich mit den Befugnissen des Bundeskriminalamtes zur Terror-Abwehr – und wird sie wohl stutzen.

Heimlich? Thomas de Maizière hat ein anderes, aus seiner Sicht besseres Wort dafür: vertraulich. So möchte er die Ermittlungsmethoden bezeichnen, zu denen das Bundeskriminalamt (BKA) seit Ende 2008 befugt ist. Ein Katalog von Eingriffsmöglichkeiten, vom Lauschangriff bis zur Online-Durchsuchung, mit denen Verdächtige überzogen werden können. Seit Dienstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe darüber, wie weit das Ausforschen gehen darf. Vertraulichkeit ist konstitutiv für manche Polizeiarbeit, findet der Innenminister, vor allem jene, für die das BKA seitdem zuständig ist, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. „Wir haben die Bedrohungslage leider zutreffend eingeschätzt“, sagt de Maizière. Dass es in Deutschland bisher kaum islamistische Anschläge gab, sei auch den neuen BKA-Befugnissen zu verdanken.

Es war ein Umbau traditioneller Polizeistrukturen, der im BKA-Gesetz mündete. Die Wiesbadener Bundes-Kripo, bis damals zur Strafverfolgung berufen, sollte in Sachen Terror auch zur Gefahrenabwehr befähigt werden, die Domäne der Polizei in den Bundesländern war. Unmittelbar nach Verabschiedung des seinerzeit hoch umstrittenen Gesetzes hatten der liberale Ex-Politiker Gerhart Baum sowie Journalisten wie der frühere „Zeit“-Herausgeber Michael Naumann und der heutige Präsident des Deutschen Anwalt Vereins Ulrich Schellenberg Verfassungsbeschwerde erhoben. Auch die Grünen-Politiker Wolfgang Wieland und Christian Ströbele zogen vor Gericht. Doch zunächst blieb das Verfahren liegen, die Richter zogen Wichtigeres vor. Was nicht bedeuten sollte, dass sie nichts auszusetzen hätten. Es geht um die „Wahrung der grundrechtlichen Balance“, sagt der Vorsitzende des Ersten Senats Ferdinand Kirchhof. „Wie viel an Datenschatz darf der Verfassungsstaat den Ermittlungsbehörden zugestehen und welchen Datenschutz muss er für den Bürger sichern“? Jedenfalls „sprachlich wenig begrenzt“ seien manche Eingriffsschwellen. Noch deutlicher wurde der Berichterstatter des Verfahrens, Richter Johannes Masing, der dem Gesetz vorwirft, es schildere tatbestandliche Voraussetzungen, die Karlsruhe bereits als nichtig verworfen habe. Tatsächlich gingen Regierung und Parlament an die Grenzen des verfassungsrechtlich Möglichen. Verdeckte Observationen, optische und akustische Wohnraumüberwachung, Telefon- und Computerüberwachung, verdeckte Ermittler – mit vielem hatten sich die Karlsruher Richter schon befasst, mit vielen ihrer Formulierungen zum Grundrechtsschutz operiert auch das BKA-Gesetz – aber genügt die sprachliche Adaption auch inhaltlich? Die Richter haben deutliche Zweifel. Die wiederkehrende Formulierung von „Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen“, jemand beteilige sich an Terror-Vorhaben, erscheint ihnen als unscharf. Minister de Maizière hält dagegen, der Terror erlaube es nicht mehr, zwischen abstrakten und konkreten Gefahren zu unterscheiden. Wenn Quellen, etwa V-Leute, Hinweise auf geplante Terrortaten gäben und das BKA Personen kenne, die dafür in Betracht kämen, müsse die Behörde ihr Arsenal aktivieren können. „Wir haben noch keinen konkreten Verdacht, aber wir können auch nicht warten.“

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