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Terrorcamp-Gesetz: "Wir brauchen das nicht"

Die Berliner Justizsenatorin von der Aue spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über ihre Ablehnung des Gesetzes zu Terrorcamps.

Der Bundesrat berät an diesem Freitag darüber, ob der Besuch von Terrorcamps künftig strafbar sein soll. Das Gesetz hat Ihre Parteigenossin Bundesjustizministerin Brigitte Zypries vorgelegt. Sie wollen nicht zustimmen. Warum verweigern Sie ihr die Unterstützung?



Hier geht es nicht um die Unterstützung der Bundesjustizministerin, das ist nicht nötig. Nötig ist vielmehr, dass die Sozialdemokratie eine klare inhaltliche Position vertritt gegen die immer weitergehende Ausdehnung solcher Sicherheitsmaßnahmen und Strafbarkeiten.

Was bringt sie gegen dieses Gesetz auf?

Wir brauchen es nicht. Unsere Gesetze zur Terrorbekämpfung sind ausreichend. Man darf nicht die Illusion erzeugen, man könne durch Gesetze garantierte Sicherheit schaffen. Mit keinem Gesetz der Welt kann man Anschläge grundsätzlich verhindern. Und dass unsere Sicherheitsbehörden gut aufgestellt sind, sieht man daran, dass geplante Anschläge in Deutschland bisher verhindert und die Täter dafür bestraft werden konnten und können.

Aber reicht das aus, um Terroristen zu erwischen, die keiner festen Gruppe angehören und sich trotzdem schon darauf vorbereiten, einmal einen Anschlag zu begehen? Darum geht es doch in dem Gesetz.

Das kann ich so nicht stehen lassen. Im Gesetz geht es um einen ganz abstrakten Vorsatz, irgendwann einmal vielleicht etwas machen zu wollen. Stellen Sie sich einen solchen Täter vor: Der fliegt nach Pakistan und geht in ein Terrorcamp, verbringt da vier Wochen und fliegt zurück. Wie soll die Strafverfolgungsbehörde diesem Mann nachweisen, dass er das Ganze in der Absicht unternommen hat, einen ganz konkreten Anschlag zu verüben? Noch dazu einen Anschlag, der den Bestand des Staates gefährdet. Denn das ist ja die zweite Voraussetzung im Gesetz. Selbst die schrecklichen Anschläge in Madrid haben bei allem fruchtbaren Leid für die Menschen nicht den Bestand des spanischen Staates gefährdet! Es geht bei diesem Gesetz doch um nichts anderes als die Möglichkeiten, die die Strafprozessordnung an Telefonüberwachung, Wohnraumüberwachung und dergleichen eröffnet, noch weiter in ein Vorfeld auszudehnen, in dem man nicht einmal vom Versuch einer Straftat sprechen kann. Höchstens von der Vorbereitung der Vorbereitung einer Straftat. Das halte ich mit unserer Rechtsordnung nicht mehr für vereinbar.

Sie fordern eine grundsätzliche Kurskorrektur der SPD? Eine Abkehr von der Linie, die Ihre Partei in der großen Koalition fährt?

Ich bin der Auffassung, dass diese Diskussion geführt werden muss. Und ich selbst leiste meinen Beitrag. Ich habe dazu eine ganz klare Überzeugung und werde diese in meiner Rede im Bundesrat auch deutlich machen. Die Diskussion wird innerparteilich zu wenig geführt.

Das Gespräch führte Barbara Junge.

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