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Terrorismus: "Die Täter sind Feinde des Islams"

Wie immer freitags ist die Moschee in der pakistanischen Provinzstadt Jamrud nahe der Grenze zu Afghanistan bis zum letzten Platz gefüllt. Vertieft ins Gebet, knien die 300 Betenden Seite an Seite auf dem Boden, als sich der Selbstmordattentäter unter die Menge mischt und in die Luft sprengt.

Wie immer freitags ist die Moschee in der pakistanischen Provinzstadt Jamrud nahe der Grenze zu Afghanistan bis zum letzten Platz gefüllt. Vertieft ins Gebet, knien die 300 Betenden Seite an Seite auf dem Boden, als sich der Selbstmordattentäter unter die Menge mischt und in die Luft sprengt. Wie ein Kartenhaus stürzt die zweistöckige Moschee ein. Mindestens 50 Menschen werden getötet, weitere 160 verletzt. Noch bei Einbruch der Dunkelheit gruben Helfer in den Trümmern nach Überlebenden. Die Behörden fürchteten, dass die Todeszahl auf über 70 steigt.

Es war einer der schlimmsten Anschläge seit Monaten in Pakistan. Und er machte die Menschen fassungslos. „Die Täter sind Ungläubige. Sie sind Feinde Pakistans. Sie sind Feinde des Islam“, sagt Tariq Hayat Khan, der zuständige Verwaltungschef des Distrikts. Zwar gab es schon früher Anschläge auf Moscheen. Aber selten hat ein Attentäter so viele Glaubensbrüder an einem Ort des Gebets getötet. Der Anschlag wirft auch ein Schlaglicht auf die alarmierende Lage in Pakistans Nordwesten an der Grenze zu Afghanistan.

Über die Hintergründe konnte nur spekuliert werden. Viele Beobachter mutmaßten, der Anschlag sei eine Botschaft der Taliban an US-Präsident Barack Obama, der am Freitag seine Strategie für Afghanistan und Pakistan vorstellte. So liegt die Moschee nur 30 Kilometer von der afghanischen Grenze entfernt an der Straße zum Khyber-Pass, über die die Nachschub-Transporte von USA und Nato nach Afghanistan rollen. In der Region sollen sich angeblich Milizen des pakistanischen Taliban-Führers Baitullah Mehsud aufhalten, auf den die USA gerade ein Kopfgeld von 50 Millionen Dollar ausgesetzt haben.

Die Taliban versuchen seit Monaten, die Nachschubtransporte über den Khyber-Pass nach Afghanistan zu blockieren. Hunderte Laster gingen in Flammen auf, ganze Konvois wurden bei Attacken vernichtet. Pakistans Militär hatte deshalb in jüngster Zeit massiv Sicherheitskräfte in der Region um Jamrud stationiert, um die Nachschubroute besser zu sichern. Auch in der Nähe der Moschee gab es einen Kontrollposten. Zur Zeit des Anschlags sollen sich Dutzende Beamte, paramilitärische Einheiten und Polizisten im Gotteshaus aufgehalten haben.

Zwar spielen die USA die Nachschubverluste als unbedeutend herunter. Doch immer mehr Fahrer und Transportunternehmer weigern sich, die Suizid-Route zu befahren. Für die USA wäre es fatal, wenn es den Taliban gelänge, den Nachschub weiter zu beschneiden – und damit den Kampf gegen die Aufständischen in Afghanistan zu schwächen. In den vergangenen zwei Jahren sind in Pakistan nach offiziellen Angaben mindestens 4000 Menschen bei Terroranschlägen ums Leben gekommen.

Christine Möllhof[Neu-Delhi]

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