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Terror

© dpa

Terrorismusverdacht: Zweifel nach Kölner Festnahmen

Die Aktion gegen zwei mutmaßliche Islamisten, die auf dem Flughafen Köln/Bonn aus einer KLM-Maschine gezogen wurden, war womöglich ein Irrtum. Der Haftbefehl des Bonner Amtsgerichts legt ähnliche Schlüsse nahe.

Berlin - Im Fall der am Flughafen Köln/Bonn festgenommenen Terrorverdächtigen verdichten sich die Hinweise, dass der Zugriff ein Irrtum war. Das angeblich entscheidende Indiz, das auf ein Selbstmordattentat hindeuten sollte, ein Abschiedsbrief, wurde bereits im Haftbefehl des Bonner Amtsgerichts vom Samstag vergangener Woche nicht mehr erwähnt. „Da steht kein Wort von einem Abschiedsbrief“, sagte der Anwalt der Festgenommenen, Mutlu Günal, am Montag dem Tagesspiegel.

Als Indizien werde lediglich auf zwei zwischen den mutmaßlichen Islamisten ausgetauschte SMS verwiesen. Zudem werde von Erkenntnissen berichtet, dass 14 Tage zuvor die Übergabe von Anschlagsplänen beabsichtigt gewesen sei. „Was unsere Mandanten damit zu tun haben, steht da aber nicht“, sagte Günal. Auch nach Einsicht in die Ermittlungsakte am Montag sei „die Beweislage dünn“. Zudem hätten beide Verdächtige Rückflugtickets für den 12. Oktober gehabt. Günal hat Haftbeschwerde eingelegt. Er rechnet spätestens bis Freitag mit der Freilassung seiner Mandanten.

Noch am Tag des Zugriffs, am 26. September, hatte das Düsseldorfer Landeskriminalamt (LKA) die Festnahmen damit begründet, es lägen Abschiedsbriefe vor. Dass sich dieses Indiz im Haftbefehl einen Tag später nicht findet, stützt die Version des Anwalts, es habe sich um einen dramatisch formulierten, aber harmlosen Liebesbrief der Verlobten des verdächtigten Omar D. gehandelt, der von der Polizei fehlinterpretiert wurde. Die Behörden ermitteln wegen „Verabredung zu einem Verbrechen“. Die beiden hätten einen Bombenanschlag geplant.

Nach Medienberichten war der Brief am Flughafen im Gepäck von Omar D. gefunden worden. Dieser saß mit dem zweiten Verdächtigten, Abdirazak B., in einer Maschine nach Amsterdam. Von dort aus sollte es weiter nach Entebbe in Uganda gehen. Beide sollen über längere Zeit vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet worden sein. Zunächst hieß es noch, der Zugriff sei eine kalkulierte Operation gewesen. Berichtet wurde, beide Deutsch-Somalier wollten über Uganda in ein Terrorlager nach Pakistan reisen. Sie seien die „Vorhut“ einer Gruppe junger Fanatiker, die in den Dschihad, den „Heiligen Krieg“ habe ziehen wollen. Womöglich hätten sie auch „bekannte jüdische Einrichtungen in Uganda“ im Auge gehabt. Innenminister Wolfgang Schäuble lobte noch am 27. September die „gute Arbeit“ der Sicherheitsbehörden bei der Aktion auf dem Bonner Flughafen und betonte den Wert „internationaler Zusammenarbeit“.

Als kurz darauf deutlich wurde, dass sich die Vorwürfe nur schwer belegen ließen und auch der Generalbundesanwalt es ablehnte, die Ermittlungen zu übernehmen, weil er keine Terrororganisation am Werke sah, veränderte sich die Tonlage. Der „Spiegel“ berichtete, Schäubles Beamte ärgerten sich: Die Düsseldorfer Ermittler hätten es mit ihrem Zugriff unmöglich gemacht, den Spuren der beiden in die Terrorlager zu folgen. Das Düsseldorfer Innenministerium hielt am Montag dagegen: Es habe eine Gefahrenlage gegeben; im Übrigen handele man mit Schäuble „in bestem Einvernehmen“.

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