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Thailand: Aus Protest wird Machtkampf

Seit Wochen demonstrieren in der thailändischen Hauptstadt Bangkok die „Rothemden“ gegen den Ministerpräsidenten Abhisit Vejjajiva – nun schlug dessen Machtapparat zum ersten Mal mit deutlichen Mitteln zurück.

Berlin - Seit Wochen demonstrieren in der thailändischen Hauptstadt Bangkok die „Rothemden“ gegen den Ministerpräsidenten Abhisit Vejjajiva – und am Donnerstag schlug dessen Machtapparat zum ersten Mal mit deutlichen Mitteln zurück: Abhisit ließ den oppositionellen Fernsehsender schließen, über den die „Rothemden“ regelmäßig zu neuen Kundgebungen aufgerufen hatten. 36 oppositionelle Websites wurden wegen des Vorwurfs des Desinformation ebenfalls geschlossen. Zuvor hatte der Regierungschef den Notstand über Bangkok und fünf umliegende Provinzen verhängt.

Moritz Kleine-Brockhoff, Projektleiter bei der Friedrich-Naumann-Stiftung in Bangkok, führt die Eskalation in dem Machtkampf zwischen den „Rothemden“ und Abhisit auch auf einen Strategiewechsel der Opposition seit Beginn dieser Woche zurück. Die Demonstranten verfolgten zunehmend den Kurs, das öffentliche Leben in Bangkok zu unterbrechen, sagte er dem Tagesspiegel. Auch für den heutigen Freitag rief die Opposition zu einer Demonstration auf. Er warne die Regierung vor einer Niederschlagung der Demonstration „für die Demokratie“, sagte Oppositionsführer Jatuporn Prompan. Regierungschef Abhisit sagte wegen der Eskalation seine Teilnahme an einem regionalen Gipfeltreffen ab.

Die Demonstranten unterstützen den früheren Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, der 2006 vom Militär unter Korruptionsvorwürfen gestürzt wurde, und verlangen sofortige Neuwahlen. Seit neun Jahren sei bei Wahlen in Thailand immer wieder aufs Neue deutlich geworden, dass eine Mehrheit der Bevölkerung hinter Thaksin stehe, sagte Kleine-Brockhoff. Gegen den früheren Regierungschef spreche allerdings, dass er Kritiker mundtot gemacht und die „demokratischen Institutionen unterhöhlt“ habe. Auf der anderen Seite habe das bisherige Vorgehen der regierenden Demokratischen Partei angesichts der seit über drei Wochen andauernden Proteste gezeigt, dass die Regierungspartei den Rechtsstaat erhalten wolle, sagte er weiter. Die Demokratische Partei stehe inzwischen allerdings „enorm unter Druck, der Lage Herr zu werden“.

Auch wenn die allgemeine Lage auf den Straßen von Bangkok insgesamt weiter ruhig ist und nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin Flüge nach und von Bangkok uneingeschränkt möglich sind, so hält Kleine-Brockhoff dennoch eine weitere Zuspitzung nicht für ausgeschlossen. Darauf deuteten Mannschaftswagen mit Soldaten und bereitgestellte Barrieren entlang der Zufahrtsstraßen zum Flughafen von Bangkok hin. Im Jahr 2008 hatten die Thaksin-Gegner der „Gelbhemden“ zeitweise den Flughafen in Bangkok besetzt. Damals saßen hunderttausende Touristen in Thailand fest. Kleine-Brockhoff hält es für möglich, dass die „Rothemden“ die Aktion kopieren könnten. Grundsätzlich hätten allerdings weder „Rothemden“ noch „Gelbhemden“ ein Interesse daran, die Tourismusindustrie im Lande zu schädigen. Der Tourismus gilt mit einem Anteil von rund zehn Prozent am Bruttoinlandsprodukt als wichtiger Wirtschaftsfaktor in Thailand. Albrecht Meier

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