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Thailand Panzer

© dpa

Thailand: Panzer auf Bangkoks Straßen

Die Demonstranten ignorieren den von der Regierung verhängten Ausnahmezustand. Soldaten sollen seine Einhaltung erzwingen. Doch wo das Militär steht, ist unklar.

In Thailand hat sich die Lage keine 24 Stunden nach den Protesten von Regierungsgegnern und dem Abbruch des Asean-Gipfels dramatisch zugespitzt. Regierungschef Abhisit Vejjajiva verhängte am Sonntag in Bangkok den Ausnahmezustand, um die seit Tagen randalierenden Regierungsgegner in die Knie zu zwingen. In der Hauptstadt waren Panzer unterwegs. Vor einem Einkaufszentrum stürmten die Demonstranten einen gepanzerten Truppentransporter, kletterten auf das Dach und grölten Siegesparolen. In der Hauptstadt kursierten Gerüchte, dass zahlreiche Militäreinheiten auf dem Weg nach Bangkok seien. Einer der Anführer der Demonstranten, Jakrapob Penkair, warnte Abhisit vor dem Einsatz der Armee.

Unter dem Ausnahmezustand sind Versammlungen von mehr als fünf Menschen verboten. Das Militär kann auf den Straßen für Ordnung sorgen. Im vergangenen Jahr hatten die Soldaten die Verhängung des Ausnahmezustands allerdings mehrfach ignoriert und Demonstranten - damals aus dem Gegenlager - gewährenlassen.

Warnschüsse, aber kein Einschreiten

Die Protestierer, nach ihren roten T-Shirts Rothemden genannt, ignorieren den Ausnahmezustand. Die Rothemden würden die "brutale Regierung" nun auf jedem erdenklichen Weg bekämpfen, erklärte Jakrapob. "Dies ist ein legitimer Protest gegen eine illegitime Regierung", sagte Jakrapob. "Wenn (Abhisit) wirklich an Demokratie glaubt, soll er Wahlen ausrufen, und wenn er gewinnt, akzeptieren wir ihn." Jatuporn Promphan, ein weiterer Anführer, rief zum Volksaufstand gegen die Regierung auf, berichtete die Zeitung Nation. Recht und Ordnung seien außer Kraft gesetzt. Hunderte Regierungsgegner waren am Sonntagmorgen wutentbrannt zum Innenministerium gezogen, um die Freilassung eines ihrer Anführer zu fordern. Arisamun Pongruengrong war festgenommen worden, nachdem er am Vortag mit tausenden Rothemden das Kongresszentrum in Pattaya gestürmt hatte.

Angereiste Staats- und Regierungschefs aus China, Japan, Südkorea saßen in dem Badeort stundenlang fest und mussten teilweise mit Hubschraubern in Sicherheit gebracht werden. Am Sonntag kam es zu chaotischen Szenen, als rund 50 Rothemden in das Innenministerium eindrangen, wo der Ministerpräsident in einer vom Fernsehansprache den Ausnahmezustand erklärte. Vor dem Gebäude attackierten die Demonstranten die gepanzerte Limousine des Regierungschefs mit Stöcken, Steinen und riesigen Blumentöpfen. Soldaten feuerten Warnschüsse, schritten aber zunächst nicht ein.

"Schaden für Thailands Image"

Ein Regierungssprecher sagte später, Abhisit sei nicht in dem Wagen gewesen, sondern unerkannt aus dem Ministerium entkommen. Auch am Regierungssitz zogen die rund 2000 Demonstranten, die dort seit Tagen die Straßen blockieren, nicht ab. "Die Regierung muss den Ausnahmezustand erklären, um die Normalität so schnell wie möglich wieder herzustellen", sagte Abhisit (44) in seiner Fernsehansprache. Er hatte am Morgen ein hartes Durchgreifen angekündigt. Die Bangkoker Presse hatte den jungen Regierungschef wegen der chaotischen Zustände in Pattaya scharf kritisiert. Wenn es der Regierung nicht gelinge, ausländische Staatsgäste besser zu schützen, versinke das Land in Anarchie, warnte die Bangkok Post. Jetzt ist das politische Überleben des Premiers in Gefahr. "Der Schaden für Thailands Image ist unberechenbar", sagte der Politologe Thitinan Pongsudhirak in einem Zeitungsinterview. "Der Schaden für Abhisit ist irreparabel." Abhisit hatte mit Überläufern aus der Vorgängerregierung im Dezember eine Mehrheit im Parlament gewonnen. Er löste den Schwager des 2006 gestürzten Regierungschefs Thaksin Shinawatra im Amt ab. Thaksin hetzt die Rothemden seit Wochen mit Videobotschaften aus dem Exil gegen die Regierung auf. Er hatte sich im vergangenen Jahr vor einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs ins Ausland abgesetzt.

Eine Lösung der Krise ist nicht in Sicht. Politologe Thitinan malte schon das Gespenst eines Blutbads an die Wand. "Wir könnten einen rechtsradikalen Gegenschlag wie 1976 sehen", sagte er. Damals hatten rechte Milizen das wachsende Chaos im Land mit einem Massaker unter den damals protestierenden Studenten beendet. Auch 1992 erlebte Thailand politische Gewalt. Die Armee feuerte tödliche Schüsse auf Demonstranten gegen eine vom Militär gestützte Regierung. Dabei ist unklar, wo das einst allmächtige Militär heute steht. Es hat keinen Hehl aus seiner Sympathie für die Abhisit-Regierung gemacht. Doch sagte ein Offizier der Singapurer Sunday Times in Pattaya: "Als thailändischer Bürger ist dies für mich das größte Dilemma, das ich je erlebt habe. Ich weiß, dass die einfachen Leute alle hinter den Rothemden stehen." (zo/dpa)

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