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Thailand: Versöhnung am Krönungstag

Die Rothemden in Thailand nehmen das Kompromissangebot des Regierungschefs an – und das ganze Land hofft auf ein Ende des Konflikts.

Thailand war am Dienstag voller freudiger Erwartung, dass die fast zweimonatigen Proteste der Rothemden in Bangkok am heutigen Mittwoch zu Ende gehen sollten. Denn alles deutete darauf hin, dass sich pünktlich zum nationalen Krönungsfeiertag Regierung und Opposition nach Wochen gegenseitiger Anfeindungen und blutiger Eskalationen die Hand reichen und Loyalität zur Krone demonstrieren würden.

Nach einem neuen Kompromissangebot von Premier Abhisit Vejjajiva, am 14. November vorgezogene Wahlen abzuhalten, lenkten die Roten ein. Veera Musikapong, einer ihrer Führer, sagte vor erwartungsfrohen Anhängern, man nehme Abhisits „Roadmap“ zu Versöhnung und Wahlen „einstimmig“ an, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Doch statt einen Abzug anzukündigen, forderte die rote Führung Premier Abhisit ein weiteres Mal heraus: Vorwürfe des Terrorismus würden sie vor Gericht bekämpfen. Und der Protest werde erst aufgelöst, wenn die Regierung Garantien für ihre Aufrichtigkeit gebe. Premier Abhisit kündigte an, der ganze Prozess dauere rund zwei Wochen. Die Armee will den geordneten Abzug der Roten überwachen.

Bangkoks Börse reagierte mit einem euphorischen 4,4-Prozent-Kurssprung, obwohl unklar bleibt, wann genau die Roten ihre Barrikaden um Bangkoks Zentrum bei Ratchaprasong räumen. Der renommierte Politologe Thitinan Pongsudhirak warnte vor neuen Rückschlägen, wenn die Roten eine klare Entscheidung verzögern: „Sind sie unversöhnlich, wendet sich die öffentliche Meinung gegen sie.“ Abhisit könnte unter Zugzwang geraten, notfalls mit der angedrohten Räumung gewaltsam gegen die Roten vorzugehen.

Am Dienstag meldete sich auch der ideologische Führer der Roten zu Wort, der 2006 gestürzte Premier Thaksin Shinawatra. Die Zeit sei reif für Versöhnung, sagte er aus dem Exil. Dass diese ausgerechnet auf den Krönungstag falle, sei ein gutes Omen. Auch Thaksins Stellvertreter in Thailand, der mit allen Wassern gewaschene Politiker und Altgeneral Chavalit Yongchaiyudh, lobte Abhisits Angebot und sagte, der Protest ende am Feiertag zur Krönung von Monarch Bhumibol Adulyadej.

Abhisits großzügiger Kompromiss, ein Fünf-Punkte-Plan, brüskierte selbst eigene Parteikader wie Chuan Leekpai, einen zweimaligen früheren Premier der Demokraten, der nicht konsultiert worden war und sich enttäuscht zeigte, dass die Regierung der Einschüchterung nachgebe. Für Abhisit wie auch die Opposition bedeutet ein Handschlag Niederlage als auch Erfolg zugleich. Abhisits Amtszeit würde erst Ende 2011 auslaufen, doch er könnte als „großer Versöhner“ in die Geschichte des Königreichs eingehen.

Diesen Triumph aber gönnen ihm die Roten nicht und versuchen, Abhisit noch mehr Zugeständnisse abzuringen. Und dies, obwohl sie nach vernichtenden Schlagzeilen unter gewaltigem Druck stehen: Sicherheitskräfte hoben größere Waffenbestände der Oppositionellen aus, die Razzia in der vergangenen Woche in einem Hospital, die eine Evakuierung von Schwerkranken notwendig machte, entlarvte Kader der Regierungsgegner als ruchlose Menschenverächter, so thailändische Medien.

Um Versöhnung und dauerhaften Frieden zu erreichen, müssten kriminelle und politische Vergehen klar benannt werden, sagt der Politologe Thitinan. Immerhin forderte der Protest mehr als zwei Dutzend Tote und die Wirtschaftsausfälle beliefen sich nach Regierungsangaben auf mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar.

Daniel Kestenholz

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