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Politik: Thema Einwanderung: Deutschland nach Quoten

Viel wird die Bundesregierung vor den Wahlen im Herbst 2002 nicht mehr anpacken. Doch eines will Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) unbedingt noch klären: die Frage der Zuwanderung nach Deutschland.

Viel wird die Bundesregierung vor den Wahlen im Herbst 2002 nicht mehr anpacken. Doch eines will Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) unbedingt noch klären: die Frage der Zuwanderung nach Deutschland. Er wolle das Thema Einwanderung "aus dem Wahlkampf heraushalten", sagte der Kanzler am Wochenende im Interview mit dem Tagesspiegel. Wer darf in den nächsten Jahren in die Bundesrepublik einwandern? Wer hat künftig noch ein Recht auf Asyl? Immerhin drei Kommissionen kümmern sich darum. An der Spitze die von Innenminister Otto Schily (SPD) eingesetzte Zuwanderungskommission mit der von der CDU entliehenen Rita Süssmuth am Ruder. Daneben zwei kleinere Unions-Gremien: eins von der CDU, unter Leitung des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller, und ein zweites von der Schwesterpartei CSU unter Führung des bayerischen Innenministers Günther Beckstein. Die bürgerlichen Kommissionen sollen sich auf Wunsch der CDU-Führung später auf eine gemeinsame Position verständigen. Spätestens Anfang Mai ist Stichtag, für die Regierungskommission einen Monat später.

Von nun an werden fast täglich Interessenvertreter mit ihren Wunschzetteln vor die Presse und damit auch vor die Politiker treten. Mit der Hoffnung auf Einfluss auf den Einlass nach Deutschland. Am Montag hat der Paritätische Wohlfahrtsverband, dem immerhin 9000 Einzelorganisationen angehören, den ersten Stein ins Wasser geworfen. Besser: einen Brocken. Kein vorsichtiges Herumdoktern an einzelnen Paragrafen, nein, eine "grundlegend neue Ausrichtung der deutschen Migrationspolitik" hat die Verbandsvorsitzende Barbara Stolterfoht gefordert. "Wir brauchen eine grundsätzliche Abkehr von der bisherigen Politik des Durchwurstelns." Konkret schlägt der Verband eine Einwanderungsquote und ein dauerhaftes Bleiberecht für ausländische Arbeitnehmer vor. Es müsse grundsätzlich geklärt werden, wie viele Menschen als Arbeitsmigranten kommen dürfen, sagte Stolterfoht. Diese "Teilquote" solle sich vor allem an zwei Faktoren orientieren: den Interessen der Wirtschaft und der Altersentwicklung der deutschen Bevölkerung. Allerdings müsse diese Maßgabe noch Platz lassen für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge. Da deren Anzahl von der Situation in den Krisenregionen abhängt, lässt sich für sie keine konkrete Quote festlegen. Deshalb lehnt der Wohlfahrtsverband eine "Gesamtquote" für alle Zuziehenden ab.

In seiner 22 Seiten starken "Agenda für eine rationale Zuwanderungs- und Integrationspolitik" fordert der Wohlfahrtsverband zudem, Nicht-EU-Ausländer mit jenen aus dem EU-Gebiet rechtlich gleichzustellen. So sollen EU-Bürger bei der Besetzung einer Stelle künftig nicht mehr bevorzugt werden. Asylbewerber sollen von ihrem ersten Tag in Deutschland an arbeiten dürfen. Allerdings ergäben sich auch Pflichten für Ausländer, sagte Stolterfoht, zum Beispiel zum Deutschlernen.

Der Verband darf seine Pläne demnächst vor der Süssmuth-Kommission präsentieren, und weitere Lobbyisten werden sich zu Wort melden. Das Ringen um die Einwanderung nach Deutschland hat begonnen.

Markus Feldenkirchen

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