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Stephan Kramer

© Soeren Stache/dpa

Thüringen: Stephan Kramer soll Verfassungsschutzchef werden

Neuer Job für Stephan Kramer, Ex-Generalsekretär des Zentralrates der Juden: Er soll künftig den Verfassungsschutz in Thüringen leiten.

Von Matthias Meisner

Der ehemalige Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer, wird nach Informationen des Tagesspiegels Präsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz. Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) hat am Dienstag das Kabinett über seine Absicht unterrichtet. An diesem Mittwoch soll die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtages informiert werden. Zuerst hatte die „Thüringer Allgemeine“ unter Berufung auf Regierungskreise über das Vorhaben berichtet. Poppenhäger wollte den Plan auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren.

Mit der anstehenden Berufung Kramers bekommt der Thüringer Verfassungsschutz erstmals seit mehr als drei Jahren wieder eine Führung. Der letzte Präsident Thomas Sippel hatte im Juli 2012 als Konsequenz des Versagens seiner Behörde in der NSU-Affäre gehen müssen. Danach wurden mehrere Reformen durchgeführt, bei denen unter anderem die Kontrollrechte des Landtages ausgeweitet wurden. Seit Beginn des Jahres 2015 nach dem Start der von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) geführten rot-rot-grünen Landesregierung ist das Landesamt in das Thüringer Innenministerium integriert.

Der 1968 in Siegen geborene Kramer, der als Erwachsener zum Judentum konvertierte, war bis 2014  zehn Jahre lang Generalssekretär des Zentralrats der Juden. Er begleitete zum Beispiel die Verhandlungen zum ersten Staatsvertrag zwischen dem Zentralrat und der Bundesregierung, die Reform des Zuwanderungsrechts 2005 und die Beschneidungsdebatte. Davor hatte der studierte Jurist und Volkswirt die Verwaltung der Organisation geleitet. Er arbeitete zudem als Direktor des Büros des European Jewish Congress in Berlin.

Seinen Posten als Generalsekretär des Zentralrats der Juden hatte Kramer offenbar auch abgegeben, weil das Verhältnis zwischen ihm und dem damaligen Präsidenten Dieter Graumann schon länger belastet war. Einerseits galt Kramer, der als Erwachsener zum Judentum konvertierte, als in der Politik gut vernetzt, rhetorisch geschickt und ehrgeizig. Andererseits war Kramer Allgegenwart innerhalb des Zentralrats umstritten.

Kramer hat sich öffentlich mehrfach zur Verfassungsschutzdebatte geäußert. So mahnte er im Jahr 2012 als Konsequenz des NSU-Verbrechen eine Reform der Behörde an. Insgesamt, schrieb er, fehle es an der Entschlossenheit des Staates, sich „gekonnt, präzise, technologisch versiert“ und „in vollem Bewusstsein der ihm drohenden Gefahren“ gegen Extremisten zu verteidigen. Gleichzeitig sprach sich Kramer mehrfach gegen ein Verbot der rechtsextremistischen NPD aus. „Rechtes Gedankengut lässt sich nicht verbieten, sondern nur bekämpfen“, sagte er 2013 auf einer Veranstaltung im Jahr 2013 im thüringischen Sondershausen. Der frühere Zentralratspräsident Graumann gehörte hingegen zu den überzeugten Befürwortern eines Prozesses gegen die rechtsextreme Partei vor dem Bundesverfassungsgericht. Diese Position des Zentralrats hat sich nicht geändert.

Mit dem heutigen Thüringer Ministerpräsidenten Ramelow hatte sich Kramer 2012 in eine Kontroverse verstrickt, als der damalige Linke-Landtagsfraktionschef den Plan einer Schweizer Firma als „legitim“ bezeichnete,  die Herkunft von Produkten aus den von Israel besetzten Gebieten extra zu kennzeichnen. Kramer legte daraufhin Ramelow den Austritt aus der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nahe. Ramelow hatte der „Thüringer Allgemeinen“ erst im Oktober gesagt, dass der Streit längst beendet sei und sich Kramer bei ihm entschuldigt habe.

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