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Tibetkonflikt: Peking beschuldigt den Dalai Lama

Der chinesische Premierminister wirft den tibetischen Demonstranten vor, den Olympischen Spielen schaden zu wollen. Er erneuert seine Vorwürfe gegen den Dalai Lama.

Gegen Ende der Pressekonferenz versuchte Wen Jiabao einen Scherz. „Das war schon wieder eine Frage, die mit einem T beginnt“, sagte Chinas Premierminister, der am Sonntag für weitere fünf Jahre wiedergewählt worden ist. Zum Abschluss der jährlichen Sitzung des Nationalen Volkskongresses in Peking hatten sich die Fragen der ausländischen Journalisten neben Taiwan vor allem um eines gedreht: Tibet.

Was Wen Jiabao über die Ausschreitungen in Tibet zu sagen hatte, war allerdings nicht mehr lustig. Der Premierminister warf den tibetischen Demonstranten vor, den Olympischen Spielen schaden zu wollen. Bei Ausschreitungen in Lhasa und angrenzenden chinesischen Provinzen sind am Freitag nach Angaben der tibetischen Exilregierung 100 Menschen gestorben, die chinesischen Behörden sprechen von zehn Toten. „Kleine Gruppen haben diese Vorfälle inszeniert, um die Olympischen Spiele zu untergraben“, sagte Wen Jiabao. Der Premierminister erneuerte seine Vorwürfe gegen den Dalai Lama. „Es gibt ausreichende Hinweise und zahlreiche Belege, die beweisen, dass dieses Ereignis von der Dalai-Lama-Clique organisiert, geplant, gelenkt und angestachelt worden ist“, sagte er. Der Dalai Lama, das politische und religiöse Oberhaupt der Tibeter, wies die Anschuldigungen im indischen Exil zurück und bot den Rücktritt von seinem politischen Mandat an, falls seine Anhänger nicht auf Gewalt verzichteten.

Für Olympiaboykott-Forderungen aus dem Ausland zeigte Wen Jiabao kein Verständnis. „Wir müssen die Prinzipien der Olympischen Charta respektieren und die Olympischen Spiele nicht politisieren“, sagte er. Er könne den Athleten und den Völkern versichern, dass sie zufrieden sein werden mit den Spielen in Peking. „Ich bin zuversichtlich, dass das Lächeln von 1,3 Milliarden Chinesen vor den Augen der Welt erwidert werden wird vom Lächeln der Menschen in aller Welt.“

Doch mindestens Hu Jia wird nicht lächeln, wenn die Spiele am 8. August in Peking beginnen. Der Menschenrechtsaktivist und prominente Olympiakritiker musste sich am Dienstag vor Gericht gegen die Anklage „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ durch Meinungsäußerungen im Internet und in Interviews mit ausländischen Reportern wehren. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis. „Sein Fall ist von Anfang an von schwerwiegenden Verletzungen seiner Rechte gekennzeichnet“, sagte Sophie Richardson, Chinaexpertin von Human Rights Watch, „seine Verhaftung ist politisch, seine Anklage ist politisch und sein Prozess ist politisch.“ Benedikt Voigt

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