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Times-Square-Attentäter: Vom Barbecue zum Bombenbau

Wie der mutmaßliche Attentäter Faisal Shahzad vom New Yorker Times Square ermittelt wurde, obwohl die Warnsysteme versagt haben.

Bei der Aufklärung des verhinderten Terroranschlags von New York haben die Ermittler einerseits eine rasche und effektive Arbeit geleistet. Es habe nur 53 Stunden und 17 Minuten gedauert, den mutmaßlichen Attentäter zu identifizieren und festzunehmen, loben US-Medien – obwohl er vieles getan hatte, um seine Spuren zu verwischen.

Andererseits haben abermals computergestützte Warnsysteme wie die „No fly“-Liste versagt. Sie soll verhindern, dass Terrorverdächtige an Bord eines Flugzeugs gelangen. Faisal Shahzad, der nach der Festnahme gestand, er habe am Samstag die Autobombe am Times Square deponiert, war zur Fahndung ausgeschrieben und sein Name stand auf der „No fly“-Liste. Dennoch konnte er am Montagabend ein Flugzeug nach Dubai besteigen. Sicherheitskräfte holten ihn kurz vor dem Start heraus. Die Maschine war bereits abgefertigt. Er entkam offenbar nur deshalb nicht ins Ausland, weil er sein Ticket bar bezahlt hatte. Aus diesem Grund wurde sein Name erneut überprüft, ehe die Maschine zur Startbahn rollte.

US-Medien äußern sich entsetzt, dass solche Pannen immer noch möglich sind. Weihnachten hatte ein Mann aus Nigeria versucht, an Bord eines Flugzeugs von Amsterdam nach Detroit eine Bombe zu zünden. Er war an Bord gelangt, obwohl es zuvor Warnungen gegeben hatte, die seinen Namen auf die „No fly“-Liste hätten bringen sollen. Präsident Barack Obama ordnete damals eine strenge Überprüfung der Abläufe an und versprach, die Lücken bei der Terrorabwehr zu schließen.

Insgesamt überwog in dieser Woche freilich das Lob für die Ermittlungsarbeit in den USA. Der Geländewagen, der mit Zeitzündern, Benzinkanistern, Gasflaschen und explosivem Düngemittel zu einer Autobombe umgebaut worden, aber nicht explodiert war, bot den Spezialkräften eine Menge von Anhaltspunkten. Doch die führten erst auf Umwegen zum Attentäter, einem aus Pakistan stammenden 30-Jährigen, der vor einem Jahr die US-Staatsbürgerschaft angenommen hatte. Nach neuesten Erkenntnissen hat er Verbindungen zu den Taliban in Pakistan und Afghanistan. Es gab mehrere Festnahmen in Pakistan.

Am Sonnabend um 18.28 Uhr war das verdächtige Auto von einer Überwachungskamera aufgenommen worden. Um 18.30 Uhr machte ein T-Shirt-Verkäufer die Polizei darauf aufmerksam, dass Rauch von der Rückbank des schräg zum Bordstein haltenden Fahrzeugs aufstieg und kein Fahrer zu sehen sei. Die Computerabfrage der Polizei ergab, dass die Kennzeichen nicht zu diesem Auto gehörten. Bei der genaueren Inspektion des Geländewagens in den nächsten sechs Stunden fanden die Ermittler einen Aufkleber, der zu einem Gebrauchtwagenhändler in Bridgeport, Connecticut führte. Er wurde nachts geweckt und übergab die Unterlagen zu zwei annähernd identischen Autos, die er kürzlich verkauft hatte. Von einem davon stammten die falschen Kennzeichen.

Die Flucht wurde vereitelt, weil Shahzad sein Ticket bar bezahlte

Am Bombenauto waren die meisten Hinweise auf die Identifikationsnummer entfernt worden, nicht aber die am Motorblock. Darüber fand die Polizei die Vorbesitzer, die das Auto über die Internetseite Craigslist verkauft hatten – für 1300 Dollar, die bar übergeben wurden, ohne Kaufvertrag. Über die vom Käufer benutzte Internetadresse stießen die Ermittler auf die Information, dass deren Inhaber ein sogenanntes Wegwerf-Handy erworben hatte. Diese Mobiltelefone werden mit einem aufgeladenen Guthaben verkauft, sodass der Käufer keine weiteren Angaben zur Person bei der Telefonfirma machen muss. Doch durch die Überprüfung der Nummern der Anrufe von diesem und zu diesem Gerät fanden die Ermittler seine Identität heraus. Auf einer Freundschaftsseite im Internet hatte Faizal Shahzad ein Foto von sich hinterlassen, das bei den weiteren Ermittlungen half – samt der Bestätigung, dass dieser Mann der Käufer des Bombenautos war.

Am Montag um 12.30 Uhr wurde sein Name auf die „No fly“-Liste gesetzt. Um 18.30 Uhr reservierte Shahzad telefonisch einen Sitz für den Flug 202 der Emirates Airlines nach Dubai. Da saß er bereits im Taxi zum John-F.-Kennedy-Airport New York. Um 19.35 Uhr bezahlte er das Ticket bar – worüber die Fluglinie die US-Behörden informierte, wie es den Vorschriften entspricht. Er bekam seinen Boarding-Pass, ging durch die Sicherheitskontrollen und bestieg das Flugzeug.

Um 22.40 Uhr sandte Emirates Airlines einen weiteren Überprüfungshinweis an den US-Grenzschutz. Nun erkannten Angestellte dort, dass der Name Shahzad auf der „No fly“-Liste steht. Um 23.02 Uhr war die Abfertigung des Fluges beendet, die Flugzeugtüren schlossen. Um 23.35 Uhr, die planmäßige Startzeit war bereits verstrichen, betraten Spezialagenten die Maschine, die immer noch am Boden wartete, und nahmen Shahzad fest.

Er arbeitete als Finanzberater und lebte mit seiner Frau und zwei Kindern in einem Einfamilienhaus in Shelton, Connecticut. Bis zum vergangenen Sommer galten sie als ganz normale Nachbarn, die zum Barbecue einluden, mit einem Planschbecken für die Kinder.

Äußerlich wies vieles auf eine gelungene Integration hin. Shahzad war als 19-Jähriger mit einem Studentenvisum in die USA gekommen. Er studierte Programmierer und Wirtschaftswissenschaften und fand eine Anstellung als Finanzberater, Jahresgehalt rund 50 000 Dollar. Im Sommer 2009 kündigte er überraschend. Bereits 2008 hatten die Shahzads versucht, das Haus, das sie für 273 000 Dollar erworben hatten, zu verkaufen. Das scheiterte an der Immobilienkrise. Vor mehreren Monaten reiste die Familie nach Pakistan. In ihrer Abwesenheit wurde die Zwangsversteigerung eingeleitet, offenbar weil die Hypothekenraten nicht mehr bezahlt wurden. Im Februar kam er allein zurück. Er soll zuvor bei den Taliban den Bombenbau gelernt haben.

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