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Der ukrainische Ex-Innenminister Juri Luzenko ist wieder frei. Er gilt als enger Vertrauter von Julia Timoschenko.

© dpa

Timoschenko-Vertrauter begnadigt: Ex-Innenminister Juri Luzenko aus Haft entlassen

Timoschenko-Vertrauter begnadigt: Der ukrainische Präsident begnadigte den Ex-Innenminister und Timoschenko-Vertrauten Juri Luzenko. Besänftigen konnte er sein Volk damit allerdings nicht: Tausende Oppositionelle demonstrieren in Kiew.

„Freiheit für Julia!“ riefen Tausende im Kiewer SchewtschenkoPark. Neben dem Porträt des überraschend am Morgen freigelassenen Ex-Innenministers Juri Luzenko halten sie Bilder der Oppositionsführerin Julia Timoschenko mit ihrem blonden Haarkranz hoch. „Julia, Julia, Julia!“, dröhnen die Sprechchöre. Sollte Präsident Viktor Janukowitsch gedacht haben, er könne sein Volk mit der Freilassung zweier politischer Häftlinge besänftigen, hat er sich getäuscht. Allein in Brüssel wurde seine Sonntagsgeste wohlwollend aufgenommen.

Janukowitsch hatte zuvor überraschend Timoschenkos einstigen Innenminister begnadigt. Der enge Vertraute der in Charkiw inhaftierten ehemaligen Regierungschefin konnte seine Zelle in einer Strafkolonie nördlich von Kiew sofort verlassen, nachdem auf der Internetseite des Staatspräsidenten die Begnadigung aus humanitären Gründen bekannt gegeben worden war. Janukowitsch war am Freitag von der Ombudsfrau für Menschenrechte um Gnade für Luzenko gebeten worden.

Der gesundheitlich schwer angeschlagene Luzenko saß eine vierjährige Haftstrafe wegen angeblichen Amtsmissbrauchs und Veruntreuung ab. Er soll den Fahrer seines Dienstwagens begünstigt haben. Das Oberste Gericht hatte erst am vergangenen Montag das Urteil in einem Berufungsverfahren bestätigt.

Luzenkos Anwalt erklärte am Sonntag, man würde weiterhin für eine Rehabilitierung kämpfen. Als einer der wichtigsten Organisatoren der „orangenen Revolution“ 2004 könnte Luzenko den ukrainischen Machthabern bei den Präsidentenwahlen von 2015 gefährlich werden. Am Sonntag verweigerte er denn auch einen Besuch im Präsidentenpalast und trat stattdessen auf einer Protestversammlung der Opposition auf.

In der Millionenstadt Kiew hatten sich rund 15000 Demonstranten versammelt und feierten Luzenkos Freilassung. Die wichtigsten Oppositionsparteien hatten zu Protesten für das Wochenende unter dem Motto „Ukraine steh auf!“ gerufen. Luzenko wandte sich in einer Telefonschalte an die Demonstranten und versuchte, den Geist der „orangenen“ Massenerhebung von 2004 aufleben zu lassen. „Mehr als alles andere zählt die Freiheit“, sagte er. Die Rechte des Volkes aber würden weder im Parlament noch im Präsidentenpalast geschaffen, sondern müssten auf der Straße erkämpft, sagte Luzenko. Danach allerdings wurde der Protest von den Organisatoren auf den ukrainischen Europa-Tag Mitte Mai vertagt.

Begnadigt wurde am Sonntag auch Timoschenkos ehemaliger Umweltminister Georgi Filiptschuk, der eine dreijährige Haftstrafe wegen angeblichen Amtsmissbrauchs absass. Im Gegensatz zu Luzenko hatte Filiptschuk beim Staatspräsidenten ein Gnadengesuch eingereicht.

Beobachter in Kiew vermuten, dass beide Begnadigungen die internationale Kritik an der immer autoritärer regierten Ukraine abmildern sollen. Das Land hofft, im November ein Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle begrüßte die Begnadigung Luzenkos als „ersten, aber wichtigen Schritt gegen die selektive Justiz“ in der Ukraine. Die EU hatte Luzenkos Entlassung immer wieder gefordert und zu einer Vorbedingung für eine Annäherung zwischen Kiew und Brüssel gemacht – ebenso wie die Freilassung von Julia Timoschenko. Außerdem hat Brüssel ernsthafte Reformen gerade im Justizwesen zur Voraussetzung für eine Annäherung erklärt.

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