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Politik: Timoschenko von Wahl ausgeschlossen

In der Ukraine bahnt sich eine neue Krise an

Der Wahlkampf in der Ukraine hat mit einem politischen Eklat begonnen. Die zentrale Wahlkommission verweigerte Julia Timoschenko die Zulassung. Das heißt, dass die 450 Kandidaten des Wahlblocks um die Oppositionsführerin nicht an den vorgezogenen Parlamentswahlen am 30. September teilnehmen können. Der Grund: Sie habe auf einem Antragsformular nicht ihren Wohnsitz angeben.

Timoschenko, die gerne als Ikone der Orangenen Revolution bezeichnet wird, glaubt an eine Intrige ihres politischen Dauerfeindes, Premier Viktor Janukowitsch. Auf einer Pressekonferenz erklärte sie, die „marionettenhaften, hörigen Mitglieder der zentralen Wahlkommission“ hätten Anweisung von Janukowitsch, ihren Block nicht zu registrieren. Sie geht davon aus, dass Janukowitsch fürchtet, gegen sie zu verlieren. Timoschenko will gegen den Beschluss der Kommission klagen und hofft auch, dass sich das Ausland für sie einsetzt.

Der Premier reagierte gelassen auf die Anschuldigungen. Er ließ erklären, es handle sich um nichts weiter als einen billigen PR-Gag Timoschenkos. Sie selbst habe den Skandal provoziert, indem sie die Angabe ihrer Adresse verweigert habe. Viktor Janukowitsch hat allen Grund, ruhig zu bleiben. Umfragen zufolge könnte seine „Partei der Regionen“ mit mehr als 30 Prozent der Stimmen als stärkste Kraft in das neue Parlament einziehen. Im vergangenen Jahr votierten 35 Prozent der Ukrainer für ihn. Sein Kommentar: „Wir gewinnen, wie wir auch im Frühjahr 2006 gewonnen haben.“ Julia Timoschenko wird laut der Umfragen nicht einmal 20 Prozent der Stimmen bekommen.

Janukowitschs größter Widersacher, Präsident Viktor Juschtschenko, hat seine Partei „Unsere Ukraine“ unterdessen mit acht anderen kleinen Parteien zu einem Wahlbündnis vereinigt. Mit der Fusion habe „ein Marsch des Volkes gegen politische Korruption und das Schaffen einer europäischen Ukraine begonnen“, erklärte Wjatscheslaw Kirilenko, Vorsitzender der Präsidentenpartei. In den vergangenen Monaten waren die Umfragewerte für die Partei des Staatschefs in den freien Fall übergegangen. Das neue Bündnis liegt nun stabil bei rund zwölf Prozent.

Durch die Wahlen sollte eigentlich eine Stabilisierung der politischen Verhältnisse erreicht werden – nachdem der Regierungschef im Frühjahr mehrfach versucht hatte, Abgeordnete von der Präsidentenpartei abzuwerben und damit eine politische Krise ausgelöst hatte. Nun scheint allein eine Voraussage sicher: Der Ukraine steht in den nächsten Wochen eine politische Schlammschlacht bevor.

Knut Krohn[Warschau]

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