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Politik: Tod eines Unerbittlichen

Auf seinen Audienzen für ausländische Besucher pflegte der angolanische Rebellenchef, Jonas Savimbi, Geschichten zu erzählen. Eine davon handelt von einem Fußballspiel in seiner Jugendzeit: Ein Team schwarzer Angolaner spielte in seinem Heimatdorf gegen die Kinder der portugiesischen Siedler.

Auf seinen Audienzen für ausländische Besucher pflegte der angolanische Rebellenchef, Jonas Savimbi, Geschichten zu erzählen. Eine davon handelt von einem Fußballspiel in seiner Jugendzeit: Ein Team schwarzer Angolaner spielte in seinem Heimatdorf gegen die Kinder der portugiesischen Siedler. Savimbi zufolge war der Schiedsrichter jedoch parteiisch und erkannte zwei Tore des schwarzen Teams nicht an. Wutentbrannt griff sich der junge Jonas daraufhin den Ball und rannte davon. Die beiden Teams spielten nie wieder gegeneinander.

Genauso unwirsch wie auf dem Fußballplatz hat sich Savimbi später in der Politik gebärdet: Wenn ihm etwas nicht passte, machte er sich auf und davon. Als er im November 1992 bei den ersten freien Wahlen Angolas seit der Unabhängigkeit seinem Erzrivalen Eduardo dos Santos knapp unterlag, bezichtigte Savimbi dessen Regierung des Wahlbetrugs und zog sich mit seinen Unita-Rebellen in den Busch von Ostangola zurück. Eben dort, in der Provinz Moxico, 700 Kilometer östlich von Luanda, ist Savimbi in dieser Woche bei einem Gefecht mit Regierungstruppen getötet worden. Obwohl ein Sprecher der Unita in Lissabon die Nachricht zunächst als "Propaganda" dementierte, gilt sein Tod jetzt als bestätigt. Die Leiche wurde Journalisten präsentiert.

Obwohl Savimbi die Triebfeder des Krieges in Angola war, wird sein Tod den jahrzehntealten Konflikt in dem südwestafrikanischen Staat kaum automatisch beenden. Aber die Aussichten auf Frieden dürften sich dadurch zumindest verbessern, denn vor allem Savimbi hatte sich vehement gegen alle Friedensverhandlungen und UN-Initiativen gestemmt. Seine Unnachgiebigkeit und die zunehmende Unberechenbarkeit hatten ihn in den vergangenen zehn Jahren auch bei seinen früheren Verbündeten Washington und Pretoria in Misskredit gebracht: Die USA hatten sich bereits Anfang der Neunzigerjahre, vor allem wegen der großen Ölvorräte des Landes, mit den Machthabern in Luanda arrangiert und sie offiziell anerkannt.

Der Rebellenchef hat seine Wurzeln im grünen angolanischen Hochland, wo er 1934 als Sohn von Angolas erstem schwarzen Bahnhofsvorsteher geboren wurde. Die Hilfe der katholischen Kirche ermöglichte ihm eine gute Ausbildung: Er studierte zunächst Medizin in Lissabon, später Politikwissenschaft in Lausanne und sprach fließend Portugiesisch, Französisch und Englisch.

Nach der Rückkehr aus Europa, schloss sich Savimbi dem Widerstand gegen die portugiesischen Kolonialherren an. Doch anders als in vielen anderen Teilen Afrikas überwarfen sich die angolanischen Widerständler schon in den Anfängen der Bewegung wegen ideologischer Differenzen. Während sich die seit der Unabhängigkeit regierende MPLA stark an Moskau orientierte, wurde die 1966 von Savimbi gegründete Unita zunächst von China finanziert.

Nach der Unabhängigkeit Angolas im Jahr 1975 kam es zu einem Machtkampf der Widerstandsgruppen. Während sich Südafrika an die Seite der Unita stellte, trafen in Angola ganze Schiffsladungen kubanischer Truppen zur Unterstützung der MPLA ein, die sich am Ende auch durchsetzen konnte. Der Zusammenbruch des Kommunismus im Jahre 1990 hätte eigentlich die Wende zugunsten der Unita-Rebellen bringen können. Allerdings stellte Savimbi bereits damals stark diktatorische Züge zur Schau und ängstigte damit viele Angolaner: In der Annahme, für die Führung des Landes ausersehen zu sein, wurden politische Gegner und auch alle Kritiker in den eigenen Reihen erbarmungslos bekämpft und oft liquidiert.

Jäh war das Erwachen, als Savimbi bei den Wahlen unterlag. Bitter enttäuscht zog er sich ein zweites Mal in den Busch zurück und stürzte Angola in einen neuen und noch blutigeren Bürgerkrieg, der mit kurzen Unterbrechungen bis heute anhält und insgesamt mindestens 500000 Menschenleben gefordert hat. Fast völlig isoliert, befand sich Savimbi zum Zeitpunkt seines Todes genau dort, wo er vor über drei Jahrzehnten seinen Kampf begonnen hatte: im angolanischen Busch und auf der Flucht.

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