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Politik: Tony Blair zur EU: "Europa soll Supermacht aber kein Superstaat sein"

In einer Grundsatzrede über die Zukunft der Europäischen Gemeinschaft in Warschau hat der britische Premierminister Tony Blair für die Gestaltung der Staatengemeinschaft zu "einer Supermacht, aber keinem Superstaat" plädiert. Zugleich sprach er sich für eine schnelle Erweiterung der EU bis zum Jahr 2004 aus.

In einer Grundsatzrede über die Zukunft der Europäischen Gemeinschaft in Warschau hat der britische Premierminister Tony Blair für die Gestaltung der Staatengemeinschaft zu "einer Supermacht, aber keinem Superstaat" plädiert. Zugleich sprach er sich für eine schnelle Erweiterung der EU bis zum Jahr 2004 aus. Dann sollten die ersten neuen Mitglieder bereits an den Wahlen zum Europaparlament teilnehmen, forderte Blair.

Obwohl sich viele von Blairs Thesen mit den Vorstellungen decken, die die mittelosteuropäische Kandidaten über die Zukunft der EU hegen, hat sich Großbritannien bisher stets bei politischen Kontakten mit den Betrittskandidaten zurückgehalten. In seiner Rede begründete Blair dies mit dem britischen Problem, dass man auf der Insel immer geglaubt habe, jeder künftige Integrationsschritt werde fehlschlagen und ihm deshalb ferngeblieben sei. "Dann stellte sich heraus, er funktionierte und wir standen vor dem Dilemma, nachzueilen oder draußen vor der Tür zu bleiben." Nun sei für seine Regierung klar, dass "Westeuropa ohne Erweiterung mit Instabilität, Konflikten und Masseneinwanderung an seinen Grenzen" konfrontiert werde. Ohne Erweiterung könne der Konsens für wirtschaftliche und politische Reformen in den schwächeren Reformländern zerbrechen. "Geschieht das, verlieren wir alle. Deshalb ist Unterstützen und gleichzeitig Hinauszögern in der Praxis nicht mehr in Ordnung." Blair forderte einen speziellen Mechanismus zur Beschleunigung der Beitrittsverhandlungen, einen "Durchbruch unter der schwedischen Präsidentschaft", also im ersten Halbjahr 2001, und wünschte sich, "dass die neuen Mitglieder bereits an den Wahlen zum Europäischen Parlament 2004 teilnehmen können und bei der nächsten Regierungskonferenz mit am Tisch sitzen."

Blair versuchte seine Gastgeber auch davon zu überzeugen, dass die gemeinsame Verteidigungspolitik zu einer Stärkung der Bindungen an de USA führen werde und diese nicht - wie in Polen meist befürchtet - zur Abkopplung Europas von den USA führen müsse.. Er sprach sich gegen föderalistische Pläne zur Gründung eines "europäischen Superstaates" aus. Bis auf weiteres blieben die Nationalstaaten die Grundlage der europäischen Einigung, ein europäischer Demos und ein einheitlicher politischer Rahmen könnten zwar für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden, doch "heute ist es noch nicht soweit". Blair entwarf eine Union, in der der Europäische Rat eine Art Regierungsprogramm aufstellt, für dessen Verwirklichung er die Verantwortung trägt und das Wirtschaftspolitik, Außen-, Verteidigungspolitik, und Kriminalitätsbekämpfung umfasst. Die Kommission behalte ihren übernationalen Charakter und müsse für die Kontrolle über die Einhaltung der Verträge zuständig sein. Die Präsidentschaft solle nach der Erweiterung von aus großen und kleinen Mitgliedsstaaten zusammengesetzten Ländergruppen ausgeübt werden.

Jan Stanczyk

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