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Politik: Tote und Verletzte bei Gewalt in Kairo

Im Machtkampf will niemand nachgeben.

Kairo - In Ägyptens Staatskrise gerät die Lage im Land immer stärker außer Kontrolle. Am Mittwochabend brachen auf dem Boulevard vor dem Präsidentenpalast in Kairo schwere Krawalle aus zwischen Gegnern und Anhängern von Staatschef Mohammed Mursi. Beide Seiten gingen mit Steinen, Knüppeln, Messern und Molotow-Cocktails aufeinander los. Vereinzelt fielen Schüsse. Zahlreiche geparkte Autos in dem Nobelstadtteil Heliopolis wurden zertrümmert oder gingen in Flammen auf. Aktivisten berichteten, drei ihrer Leute seien ums Leben gekommen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gab es bis zum späten Abend mehr als 220 Verletzte, die meisten hatten Kopfverletzungen, gebrochene Arme oder Schusswunden.

Auch in anderen Städten Ägyptens kam es zu Ausschreitungen. In Ismailia und Suez wurden die Parteizentralen der Muslimbrüder niedergebrannt. Ministerpräsident Hisham Qandil appellierte am Abend an alle politischen Kräfte, die Gewalt sofort einzustellen und miteinander zu verhandeln. „Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um aus der gegenwärtigen politischen Krise herauszukommen", sagte er. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz machte Friedensnobelpreisträger Mohammed al Baradei als Sprecher der oppositionellen „Nationalen Rettungsfront“ Präsident Mursi für die Ausschreitungen verantwortlich und sprach von „boshaften und mutwilligen“ Angriffen auf friedliche Demonstranten. „Das Regime verliert jeden Tag mehr an Legitimität“, sagte er.

Am Nachmittag waren zunächst mehrere tausend Muslimbrüder und Salafisten zu dem Ittihadija-Palais in Heliopolis gezogen, hatten die Zelte der Mursi-Gegner niedergerissen und die wenigen hundert vom Vorabend verbliebenen Aktivisten in die Flucht geschlagen. Andere übertünchten Anti-Mursi-Graffiti, die an den Umgebungsmauern des Palastes aufgesprüht worden waren. Am Abend legten drei weitere enge Berater Mursis aus Protest ihr Amt nieder, so dass sich die Zahl der Rücktritte nun auf insgesamt sechs erhöht. Martin Gehlen

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