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Bei dem verheerenden Selbstmordanschlag 1980 in München starben neben dem Attentäter noch zwölf Menschen.

© Frank Leonhardt / picture alliance / dpa

Transparenz bei Geheimdiensten: Verfassungsrichter schützen Spitzel

Auskünfte über V-Leute muss die Regierung nur in Ausnahmefällen geben, urteilen die Richter - etwa bei den Hintergründen des Oktoberfestattentats.

Das Attentat auf das Münchner Oktoberfest im September 1980 mit zwölf Todesopfern gilt als schwerster rechtsterroristischer Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik – und bisher als das Werk eines Einzeltäters. Seit 2015 wird in dem Fall wieder ermittelt. Nach einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts schuldet die Regierung dem Parlament Aufklärung zu weiteren Hintergründen. So habe die Regierung bisher zu Unrecht Informationen zurückgehalten, die den Einsatz von Spitzeln bei der „Wehrsportgruppe Hoffmann“ betrafen. Die später aufgelöste paramilitärische Organisation hatte Kontakte zum Attentäter Gundolf Köhler. Ungeklärt ist auch die Rolle des Stralsunder „Wehrsportlers“ Heinz Lembke, der zahlreiche versteckte Waffendepots unterhalten hatte und sich ein Jahr nach dem Attentat in der Untersuchungshaft erhängte.

Regierung fürchtete Enttarnung

Geklagt hatten die Fraktionen von Grünen und Linken. Die Bundesregierung wird nun auf Anfrage darlegen müssen, ob Lembke als V-Mann geführt wurde und wie sehr die „Wehrsportgruppe“ von staatlichen Spitzeln durchdrungen war. Angaben dazu, inwieweit hier der Bundesnachrichtendienst involviert war, darf sie jedoch weiterhin verweigern. Auch muss der V-Mann-Einsatz keinen Verfassungsschutz-Landesämtern zugeordnet werden. Dies berge die Gefahr von Enttarnungen, hieß es. Bisher hatte die Regierung mit Verweis auf das Staatswohl keine Antworten zu den damaligen geheimdienstlichen Aktivitäten gegeben.

Die Opposition begrüßte den Karlsruher Beschluss als Stärkung von Parlamentsrechten. Besieht man ihn sich jedoch genau, stärkt er wohl eher die Geheimhaltungsrechte von Nachrichtendiensten und ihren Aufsichtsstellen im Kanzleramt. Dem Einsatz verdeckter Quellen komme eine hohe Bedeutung zu, heißt es. Deshalb dürfe die Bundesregierung Auskünfte „in der Regel“ verweigern, wenn sie dadurch auffliegen könnten. Das parlamentarische Informationsinteresse könne nur in „eng begrenzten Ausnahmefällen“ überwiegen.

Gerichtsentscheidung hilft wohl nur bei historischen Fällen

Solche Fälle – es dürften auch künftig wohl nur historische sein – habe es aber bei den Fragen von Linken und Grünen gegeben, stellten die Richter fest. Lembke sei lange tot, die „Wehrsportgruppe“ habe bei ihrer Auflösung 400 Mitglieder gehabt – eine Identifizierung sei damit durch allein zahlenmäßige Angaben unwahrscheinlich. Gerade bei Lembke bestehe ein Interesse „von besonderem Gewicht“, da es mit Blick auf gesetzliche Regelungen von V-Mann-Einsätzen relevant sei zu wissen, ob es zu Verstrickungen des Staates in rechtsterroristische Straftaten gekommen sei.

In einem weiteren Verfahren um die Transparenz von Staatsinformationen hat der Piraten-Politiker Patrick Breyer vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einen Teilerfolg errungen. Demnach hat Breyer grundsätzlich einen Anspruch darauf, Einsicht in Unterlagen zu EU-Gerichtsverfahren in Sachen Vorratsdatenspeicherung zu nehmen. Die Richter machten jedoch auch deutlich, dass die Kommission trotzdem weitreichende Geheimhaltungsrechte habe. Zudem brummten sie Breyer die Hälfte der Gerichtskosten auf, weil er unabgestimmt Schriftsätze aus dem Verfahren veröffentlicht hatte.

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