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Jugendliche entzündeten im Liebfrauendom Kerzen und legten Blumen dazu.

© Angelika Warmuth/dpa

Update

Trauer in München: "Allah, beschütze diese schöne Stadt"

Mehr als eine Woche nach dem Amoklauf von München sucht die Stadt am Sonntag bei Gottesdienst und Trauerakt gemeinsam Halt.

Mit Appellen für Frieden und religiöse Toleranz haben Angehörige und Vertreter aller Kirchen der Opfer des Amoklaufs von München gedacht. An dem ökumenischen Gottesdienst im Münchner Liebfrauendom nahmen am Sonntag auch Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teil. Geleitet wurde er vom Münchner Kardinal und Erzbischof Reinhard Marx und dem evangelischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Ein 18 Jahre alter Amokschütze hatte am 22. Juli beim Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen erschossen, vor allem Jugendliche. Anschließend tötete er sich selbst.

Da sieben der Getöteten Muslime waren, sprach auch eine Vertreterin des islamischen Glaubens ein Gebet. „Allah, wir bitten Dich um Hilfe für uns, unsere Menschlichkeit nicht zu verlieren“, sagte Dhahri Hajer vom Muslimrat München. Alle Menschen seien Kinder Adams, betonte sie, unabhängig von Nationalität, Religion oder Hautfarbe. Sie erinnerte an den Koran, in dem es sinngemäß heiße: „Wer einen Menschen tötet, so ist es, als ob er alle Menschen tötet.“ An Allah richtete sie den bewegenden Appell: „Beschütze diese schöne Stadt und ihre Bewohner, beschütze Deutschland.“

Kardinal Marx wandte sich direkt an die Angehörigen der Opfer, sprach ihnen Anteilnahme aus und versuchte, Trost zu spenden: „Diese Toten sind nicht ins Nichts zurückgestoßen. Sie leben.“ Versöhnung sei das Gebot der Stunde. Nicht das Trennende, sondern das Verbindende müsse ins Blickfeld rücken - unabhängig von Religion und Herkunft: „Was uns verbindet, ist das Mensch-Sein“, betonte Marx.

Der evangelische Landesbischof Bedford-Strohm sprach angesichts der Amoktat mit zehn Toten von der Notwendigkeit eines neuen Gottvertrauens: „Ein Vertrauen, das uns von der Lähmung in eine Freiheit führt.“ Er erinnerte an Zeichen der Hoffnung, die auch die Reaktion auf die schreckliche Tat gezeigt habe. Mit ihrer Hilfsbereitschaft unmittelbar nach dem Amoklauf hätten die Menschen gezeigt, dass man der Gewalt nicht hilflos ausgeliefert sei. „Hass und Gewalt werden keine Macht über unsere Herzen gewinnen“ - wenn die Menschen füreinander da seien.

Gauck: "Unsere Unterwerfung geben wir ihnen nicht"

Bei dem anschließenden Trauerakt im bayerischen Landtag rief Bundespräsident Gauck zu mehr Aufmerksamkeit, Verständnis und Hilfe für psychisch Kranke auf. „Die Gesellschaft darf diese Menschen, gerade junge Menschen, nicht allein lassen und dulden, dass sie auf gefährliche Weise zu Randständigen werden.“ Die Gesellschaft müsse über die Ursachen nachdenken, die Menschen wie den Täter von München zu derart mörderischen Taten treiben.

Den Attentätern, Amokläufern und Terroristen, „die aus unseren Heimaten Orte der Furcht und des Schreckens machen wollen, werden wir eines nicht geben: unsere Unterwerfung“, betonte Gauck. „Sie werden uns nicht zwingen zu hassen, wie sie hassen. Sie werden uns nicht in der Gefangenschaft immerwährender Furcht halten. Wir werden nämlich bleiben, was wir sind: eine mitmenschliche, solidarische Gesellschaft.“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer betonte beim Trauerakt: „Sicherheit ist das höchste Gut einer Demokratie, die oberste Pflicht des Staates.“ Die Menschen hätten ein Recht darauf, dass die Politik entschlossen gegen jede Form von Gewalt und Terror vorgehe. „Die schrecklichen Attentate in Würzburg, Ansbach und München haben sich in unsere Herzen eingebrannt. Sie haben die Welt für uns verändert.“ (dpa)

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