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Politik: Trauer um Brigitte Mira

Die Trauer in Berlin um Brigitte Mira, eine der letzten Volksschauspielerin, ist groß. Kollegen, Freunde und Politiker trauern um ein "Berliner Original". "Die Berlinerinnen und Berliner werden ihre Biggi nicht vergessen", sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit.

Berlin (09.03.2005, 18:26 Uhr) - Berlin stand am Mittwoch im Zeichen der Trauer um Brigitte Mira, die mit Inge Meysel zu den letzten großen deutschen Volksschauspielerinnen gehörte. Die beliebte Komödiantin, Charakterdarstellerin und Operettensängerin war am Dienstag im Alter von 94 Jahren in einem Berliner Krankenhaus, wo sie seit Wochen wegen ihres geschwächten körperlichen Zustandes auf der Intensivstation lag, gestorben. In vielen Nachrufen trauern Freunde, Kollegen und Politiker um ein «Berliner Original», die immer weniger werden.

Der Bundespräsident Horst Köhler würdigte am Mittwoch die am Vortag gestorbene Schauspielerin. Sie sei eine «großartige Schauspielerin» gewesen, die auch als «ein ganz besonderer Mensch» in Erinnerung bleiben werde, erklärte Köhler. Der Bundespräsident bekannte, dass seine Frau und er zu den Verehrern Miras gehörten. «Mit "Herz und Schnauze" hat sie uns immer wieder berührt.» Köhler erinnerte auch an Miras Zusammenarbeit mit Walter Felsenstein, Peter Zadek und vor allem Rainer Werner Fassbinder.

«Die Berlinerinnen und Berliner werden ihre Biggi nicht vergessen», sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der um eine große Künstlerin und «eine unverwechselbare Stimme unserer Stadt» trauerte. «Wir verneigen uns vor einer großen Schauspielerin.» Mira habe sich in ihrem langen arbeitsreichen Leben in die Herzen eines Millionenpublikums gespielt. «Mit Herz und Schnauze wurde sie zu einem Berliner Original», betonte Wowereit. «In unseren Herzen wie in ihren Filmen lebt sie weiter und wir werden ihr Vermächtnis, das sie uns als engagierte Mitbürgerin hinterlässt, erfüllen.» Nach dem Tod von Hildegard Knef, Günter Pfitzmann, Wolfgang Gruner und Bubi Scholz war die Mira eine der letzten populären Prominenten, mit denen sich viele Berliner gerne identifizierten und die sie in ihr Herz geschlossen hatten.

Für die Schauspielerin Brigitte Mira liegt seit Mittwoch ein Kondolenzbuch im Berliner Rathaus aus, in das sich als erster der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit eintrug. Dort können sich die Berliner zu den üblichen Öffnungszeiten des Rathauses (montags bis freitags 9.00 bis 18.00 Uhr) bis zum Beginn der kommenden Woche eintragen, teilte die Senatskanzlei mit.

Am Dienstag eilte die Schauspielerin Brigitte Grothum aus Basel von ihrer gegenwärtigen Tournee an das Krankenbett in Berlin, wo sie sich noch von ihrer langjährigen Freundin verabschieden konnte. Auch die beiden Söhne Robert (56) und Thomas Tabbert (53) waren bei ihrer Mutter.

«Ich bin froh, dass sie von ihrem Leiden erlöst wurde und friedlich eingeschlafen ist», sagte die Grothum der dpa am Mittwoch. Sie gehörte über Jahrzehnte zu Miras engsten Freunden und Weggefährten, mit der sie seit 1978 in über 100 Folgen der Fernsehserie «Drei Damen vom Grill» spielte. Mira war darin die resolute Currywurstbuden-Verkäuferin am Berliner Nollendorfplatz mit Grothum als junge Kollegin an der Seite. Die Serie wird gegenwärtig im Fernsehen jede Woche wiederholt.

Den letzten gemeinsamen Auftritt mit Mira hatte Grothum mit dem «Jedermann» auf Tournee im September vergangenen Jahres am Herrenchiemsee. «Sie ist mit standing ovations von der Bühne des Lebens abgetreten, Applaus bis zuletzt, wovon sie immer geträumt hatte», sagte Grothum. «Sie war eine fabelhafte Frau und Freundin und hatte ein wunderbares, volles Leben, eine tolle Karriere.»

Ilja Richter: "Ich dachte, sie ist unsterblich."

Auch viele andere Kollegen und Freunde würdigten die «kleene Rote mit der frechen Schnauze» am Mittwoch in ihren Nachrufen in Anspielung auf die roten Haare und die Körpergröße der Schauspielerin. Ilja Richter meinte im «Tagesspiegel»: «Ich dachte, sie ist unsterblich.» Und Theaterdirektor Jürgen Woelffer von der Komödie am Kudamm, wo Mira vor zwei Jahren zuletzt auftrat, erinnert sich in der Zeitung an einen «sehr netten Menschen, beliebt, kumpelhaft, sie wollte immer mit allen befreundet sein».

Mit den Worten «Ich ziehe den Hut vor ihr» verabschiedet sich der Bühnenautor Curth Flatow in der «Berliner Morgenpost» von der großen Schauspielerin und Wegbegleiterin. Und Entertainerin Desirée Nick trauert um ein Berliner Original, wie sie in derselben Zeitung sagte. «Sie war in ihrer Jugend eine ganz Wilde. Brigitte Mira war auch die Madonna der Geriatrie.»

ARD und ZDF änderten ihr Programm. Das Erste wollte am Mittwochabend den Film «Angst essen Seele auf» ausstrahlen, für den Mira das Filmband in Gold erhielt. Das ZDF zeigt am Samstag (22.00 Uhr) den Kriminalfilm «Tödliche Liebe» mit Mira.

Das RBB-Fernsehen widmet ihr am Samstag seinen «Gernsehabend». Dabei wird auch «Ein lasterhaftes Pärchen» aus dem Jahr 2000 gezeigt, der letzte gemeinsame Film von Mira mit dem inzwischen ebenfalls verstorbenen Günter Pfitzmann und Harald Juhnke, der seit Jahren in einem Pflegeheim für Demenzkranke bei Berlin lebt. Außerdem sind «Die drei Berliner Superweiber» zu sehen, ein Liederabend von 1996 mit Mira und den ebenfalls inzwischen verstorbenen Kolleginnen Evelyn Künneke und Helen Vita, die jahrelang als «Drei alte Schachteln» auf Tour waren.

Miras langjährige Freundin und Weggefährtin, die Berliner Filmproduzentin Regina Ziegler, wollte mit der Schauspielerin noch eine TV-Show zum 95. Geburtstag am 20. April drehen. «Sie hat sich immer was getraut», sagte sie am Mittwoch in einem dpa übermittelten Nachruf auf Mira. «Welche Schauspielerin hätte sich getraut, immerhin mit 64 Jahren, eine Liebe zu einem jungen Ausländer zu spielen. In einem Film von Rainer Werner Fassbinder, dessen Titel sprichwörtlich wurde: "Angst essen Seele auf". Fassbinder hat sie geliebt und sie ihn. Seine Filme haben Brigitte Mira in der ganzen Welt bekannt gemacht.»

Die 94-jährige Schauspielerin, die am 20. April ihren 95. Geburtstag gefeiert hätte, wird die Volksschauspielerin am kommenden Dienstag auf dem Berliner Luisenkirchof III am Fürstenbrunner Weg im engsten Familienkreis beigesetzt, neben ihrer Mutter und ihrem letzten Ehemann Frank Guarente, der schon 1983 starb. Zuvor findet um 12.00 Uhr eine Trauerfeier in der Gedächtniskirche statt, auf der Wowereit und die Filmproduzentin Regina Ziegler Worte des Gedenkens sprechen werden. (tso) ()

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