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Politik: Traum von der Großmacht

Regierungschef Aznar will aus Spanien eines der „besten Länder Europas“ machen. Dabei setzt er auf die Unterstützung seines amerikanischen Freundes Bush

Spaniens Regierungschef Jose Maria Aznar lernt schnell, wie man in der Welt große Politik macht. Zum Beispiel von seinem Freund George W. Bush, mit dem er im letzten Sommer als amtierender EU-Präsident gemeinsam beim G-8-Gipfel in Kanada auf dem Sofa Platz nahm. Amerikas Präsident streckte damals nach harter diplomatischer Schlacht plötzlich die Füße auf der Tischplatte aus. Der Spanier fackelte nicht lange und platzierte seine Füße ebenfalls auf der Tischplatte. Ein Bild, das zum diplomatischen Krieg passt, den Aznar für Bush und gegen die europäische Achse Deutschland-Frankreich anzettelte. Spaniens Ministerpräsident ist einer der Initiatoren jenes offenen Briefes, in dem den USA Schützenhilfe in Sachen Irak geleistet wird. Aznar, das ist inzwischen klar, machte aus der an ihn gerichteten Bitte des amerikanischen „Wall Street Journal", einen Meinungsbeitrag zu schreiben, eine breit angelegte Kampagne. Um – wohl in Absprache mit Washington und London – Bushs Image aufzupolieren.

Das hatte Folgen. Europa ist mehr denn je über die Irak-Frage zerstritten. Und Aznar? „Ich erinnere mich in diesem Moment nicht, wer der Vater dieser Idee war, den Artikel zu schreiben", lautete die Antwort des spanischen Ministerpräsidenten auf die Frage, wer denn nun die treibende Kraft war. Der britische Premier Tony Blair dankte jedoch seinem Verbündeten für die „Führungsrolle“, die er im politischen Scharmützel Europas um den drohenden Irak-Krieg übernommen habe.

„Spaniens Führungsrolle“– das sind zwei Wörter, die Aznar gerne hört. Seit Jahren arbeitet er eisern an seinem außenpolitischen Traum, aus seinem Land wieder eine Großmacht zu machen: „Ein Spanien ohne Komplexe“, politisch und wirtschaftlich einflussreich – das ist sein Ziel. „Entweder wird Spanien jetzt den großen Sprung machen oder nie.“ Den Sprung, „um eines der besten Länder Europas zu werden“. Und um „in kürzester Zeit in die G-8 einzutreten". Bush will, so hört man, dabei den Iberern helfen. Auch wenn Spanien als größter EU-Hilfsempfänger auf dem Kontinent wirtschaftlich eher noch gering geschätzt wird. Fast unbemerkt gelang es Spanien dennoch, sich hinter Großbritannien zum wichtigsten Verbündeten und Vertrauten Amerikas in Europa aufzuschwingen.

Die beiden Freunde George und Jose Maria teilen neben ihrer Vorliebe für große Vorhaben noch eine weitere Leidenschaft: das Joggen. Und im Dauerlauf, stellte der kleine, aber ausdauernde Spanier bei einem Wettlauf mit Bush vergnügt fest, „bin ich besser".

Ralph Schulze[Madrid]

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