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Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und Kanzlerin Angela Merkel treffen sich heute in Berlin. Frankreich hätte gerne mehr Vier-Augen-Gespräche von dieser Art.

© dpa

Treffen in Berlin: Berlin und Paris sind in der Frage der Gläubigerbeteiligung gespalten

Alle Augen richten sich auf Merkel und Sarkozy, die am Freitag in Berlin zusammentreffen. In der Bundesregierung verursachen aber gerade Sarkozys sprunghafter Politikstil und Überraschungen Verstimmung.

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Berlin - Es dürfte eine spannende Begegnung werden, wenn Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am heutigen Freitag in Berlin zusammenkommen. Uneinigkeit in wichtigen Fragen hatte das Verhältnis der Partner in den vergangenen Monaten belastet. Die Franzosen erhoffen sich von dem Treffen deshalb ein erneutes Zusammenrücken. Die deutsche Seite dagegen signalisierte im Vorfeld des Termins, dass sie nicht bereit ist, eigene Positionen nur zugunsten einer vermeintlichen Harmonie zu räumen.

Der Militäreinsatz in Libyen, neue Griechenland-Hilfen, der Nahostkonflikt, der deutsche Atomausstieg – die Liste der strittigen Fragen ist lang. Durch eine bessere und engere Abstimmung von Merkel und Sarkozy könnten ähnliche Konflikte in Zukunft vermieden und europäische Antworten schneller gefunden werden, hieß es vor dem Treffen aus französischen Diplomatenkreisen. Im Interesse der Handlungsfähigkeit der EU laute das Ziel: „Wir brauchen mehr Deutschland.“ Nicht nur unter Helmut Kohl, sondern auch unter Gerhard Schröder sei die Zusammenarbeit mit dem Hausherrn im Elyseé-Palast vertrauensvoller gewesen. So habe es seit sieben Monaten kein Vier-Augen-Gespräch zwischen Merkel und Sarkozy gegeben, was nun nachgeholt werde. „Es darf keine Überraschungen mehr geben“, hieß es.

In der Bundesregierung verursachen aber gerade Sarkozys sprunghafter Politikstil und Überraschungen wie die spontane, nicht abgestimmte diplomatische Anerkennung der libyschen Rebellen zu einem frühen Zeitpunkt immer wieder Verstimmung. „Es kann nicht sein, dass die deutsch-französische Achse immer nur dann beschworen wird, wenn es Frankreich nützt“, hieß es in Regierungskreisen. In Paris arbeite man schließlich „sehr eng mit der Hand auf dem Portmonee, wenn es um französische Gelder geht“. Dies gelte sowohl für Pariser Interessen im Luft- und Raumfahrtkonzern EADS wie bei der Euro-Rettung.

Die Frage, wie ein weiteres Rettungspaket für Griechenland geschnürt werden kann, ohne dass es zu unvorhersehbaren Turbulenzen an den Finanzmärkten kommt, gehört zu den wichtigsten Themen des Treffens, mit dem Sarkozy und Merkel den EU-Gipfel in Brüssel Ende kommender Woche vorbereiten wollen. Deutschland und Frankreich vertreten bei diesem Thema unterschiedliche Lager der Euro-Staaten. Im Detail geht es in dem Streit zwischen Berlin und Paris darum, welchen Beitrag private Gläubiger – also Banken, Versicherungen und andere Investoren – bei einem neuen Hilfspaket für die Hellenen leisten sollen.

In der vergangenen Woche hatte Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde verlangt, dass jegliche Beteiligung der Gläubiger auf freiwilliger Basis erfolgen müsse. Ihr deutscher Kollege Wolfgang Schäuble pocht dagegen auf einen deutlicheren Anteil an dem Hilfspaket, das ein Volumen von bis zu 120 Milliarden Euro haben könnte. Nach den Worten von Schäubles Sprecher Martin Kotthaus müsse der Anteil der privaten Gläubiger substanziell, quantifizierbar, verlässlich und freiwillig sein, im Gespräch ist eine Beteiligung der privaten Gläubiger in Höhe von etwa 30 Milliarden Euro. Zwar scheine der Verzicht auf die Beteiligung privater Gläubiger einfacher, tatsächlich aber könne nur die schwierigere Lösung das Problem beheben, hieß es in Berliner Regierungskreisen: „Da muss einem die Taube auf dem Dach näher sein als der Spatz in der Hand.“

Die französische Regierung steht in der Streitfrage auf der Seite der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB warnt davor, dass eine erzwungene Beteiligung der Gläubiger von den Finanzmärkten als „Kreditereignis“ gewertet würde, also ein Zahlungsausfall Griechenlands mit entsprechenden Verwerfungen. Sarkozy möchte den Beitrag der privaten Gläubiger bei neuen Hilfen für Griechenland möglichst gering halten.

Weitere Themen des Treffens im Kanzleramt sind der EU-Beitritt Kroatiens, die Zukunft des Schengen-Abkommens, der Aufbau einer stabilen Ordnung in Libyen nach dem Ende der Kämpfe, UN-Sanktionen gegen das Regime in Syrien sowie die Haltung zu der von den Palästinensern angedrohten Ausrufung eines eigenen Staates ohne israelische Zustimmung. Bei den Themen Kroatien, Schengen und Syrien gibt es aus französischer Sicht keine Differenzen. Die deutsche Bereitschaft zu Aufbauhilfe in Libyen nach der Enthaltung wird sehr positiv gewürdigt. Dagegen stößt Merkels Festlegung auf ein Nein zu einem einseitig ausgerufenen Palästinenserstaat auf völliges Unverständnis. „Man darf die Trümpfe nicht aus der Hand geben“, hieß es dazu.

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