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Bundespräsident Joachim Gauck

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Update

Treffen mit Bundespräsidenten: Gauck lädt Familien der NSU-Opfer ein

Bundespräsident Joachim Gauck hat die Angehörigen und Familien der NSU-Opfer ins Schloss Bellevue eingeladen. Die Hinterbliebenen sollen in einem öffentlichen Statement zu Wort kommen. Was sie sich wünschen, wissen sie bereits: Dass den "warmen Worten" Gaucks, Taten eines Bundespräsidenten folgen.

Bald ein Jahr ist es her, dass im Konzerthaus am Gendarmenmarkt am 23. Februar 2012 ein Mann aufstand, der erst gar nicht als Redner vorgesehen war. Ismail Yozgat ging bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt ans Pult und bedankte sich vor allem bei Christian Wulff, der gerade als Bundespräsident zurückgetreten war.
Yozgats Sohn Halit wurde mutmaßlich von den Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt umgebracht, er verblutete in den Armen des Vaters. Demnächst wird gegen die vermeintliche Komplizin Beate Zschäpe und weitere Beschuldigte in München der Prozess beginnen.

Als Yozgat den Namen Wulff erwähnte, spürte man bei den 400 geladenen Gästen Unruhe. Wulff war Geschichte, die Gedenkveranstaltung sollte nicht mit seinem Namen belastet werden. Dabei war er es, der die Gedenkveranstaltung angeregt hatte. Und Wulff war es auch, dem die Angehörigen vertrauten, weil er ihnen bei einer Einladung ins Schloss Bellevue zugehört hatte und das vertrauliche Gespräch nicht öffentlich geworden war. Ausgerechnet das mit der Feier beauftragte Bundespräsidialamt war es dann, das Yozgat nicht reden lassen wollte, weil er den Wunsch erst einen Tag zuvor äußerte und das offizielle Programm längst gedruckt und besprochen war. Erst auf Intervention der Ombudsfrau Barbara John durfte Yozgat reden – und rührte alle Zuhörer.

Nun hat sich auch Bundespräsident Joachim Gauck entschlossen, mit den Familien zu sprechen. Wie der Tagesspiegel aus dem Bundespräsidialamt erfuhr, wird Gauck die Angehörigen am 18. Februar im Schloss Bellevue empfangen. Die Einladungen haben alle Familien kurz vor Silvester erhalten. Im Gegensatz zur Wulff-Einladung ist geplant, dass der Bundespräsident nach dem nicht öffentlichen Treffen ein Statement abgibt. Gauck möchte, dass auch Angehörige die Gelegenheit haben, ein paar Worte zu sagen. Der Bundespräsident will sich nicht nur erkundigen, wie es den Angehörigen geht. Er werde auch aus dem NSU-Untersuchungsausschuss berichten, den er am 29. Januar besucht, heißt es. Der Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, der Angehörige vertritt, hatte bereits angeregt, dass auch der Bundestags-Untersuchungsausschuss die Familien trifft. Auch diese Zusammenkunft soll es demnächst geben.

Daimagüler begrüßte es im Tagesspiegel, dass „der Bundespräsident nun auch mit dem Gewicht seines Amtes die Diskussion um Rechtsextremismus in Deutschland unterstützen will“. Es sei mittlerweile ein Gewöhnungseffekt zu beobachten. Auch Sebastian Scharmer, Anwalt von Gamze Kubasik, deren Vater erschossen wurde, verknüpft eine politische Hoffnung mit Gauck. Er sagte dieser Zeitung: „Wir begrüßen die Initiative. Allerdings ist es meiner Mandantin sehr wichtig, dass es nicht nur bei warmen Worten bleibt. Die Mordserie der Neonazis ist symptomatisch für viele rechtsextremistische Taten in diesem Land, denn sie basieren alle auf einer fremdenfeindlichen Ideologie. Es wäre gut, wenn der Bundespräsident deshalb auch über Konsequenzen reden würde.“

Gauck, im Februar 2012 bereits designierter Bundespräsident, war nach der Gedenkveranstaltung überraschend als Gast beim türkischen Botschafter aufgetaucht, bei dem auch die türkischen Familien eingeladen waren. Damals sagte Gauck, er spreche „als Bürger, der für ein Deutschland eintritt, das gegen rechte Gewalt aufsteht“. Fragt man Angehörige, sagen sie, es werde Zeit, dass Gauck diese Wort als Bundespräsident wiederholt.

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