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Präsident Donald Trump (r) und der Machthaber von Nordkorea Kim Jong Un (l) unterzeichnen die gemeinsame Vereinbarung.

© Kevin Lim/The Straits Times/Singapore Government pool/PA/dpa

Treffen zwischen Trump und Kim in Singapur: Warum der Gipfel kein echter Fortschritt war

Das historische Treffen von Donald Trump und Kim Jong Un verlief freundschaftlich. Doch war der Gipfel ein Erfolg? Fragen und Antworten zum Thema.

Die schlimmsten Befürchtungen sind nicht eingetroffen: Es gab keinen Eklat, US-Präsident Donald Trump hat sein Gegenüber am Dienstagmorgen in Singapur nicht beleidigt, auch ist Kim Jong Un nicht vorzeitig aus dem Raum im Luxushotel „Capella“ auf der künstlich aufgeschütteten Insel Sentosa gestürmt. Stattdessen sprachen der US-Präsident und Nordkoreas Machthaber erstmals 51 Minuten lang direkt miteinander, zunächst waren nur zwei Übersetzer bei der geschichtsträchtigen Begegnung zugegen.

In welcher Atmosphäre ist das Treffen in Singapur verlaufen?

„Wir werden ein wunderbares Verhältnis haben“, kündigt Donald Trump schon nach dem ersten 13-sekündigen Händedruck an. Kim Jong Un wirkt anfänglich angespannt, mit fortschreitender Zeit wurde der 34-Jährige lockerer. Sein Land hatte ein Treffen auf Augenhöhe durchgesetzt, wie ein US-Diplomat berichtet. So garnieren zum Beispiel jeweils sechs gleich große US- und Nordkoreafahnen den Begrüßungsraum.

Der nordkoreanische Diktator, der als Jugendlicher einige Schuljahre in der Schweiz verbracht hat, begrüßt Donald Trump auf Englisch: „Nice to meet you, Mister President.“ Ein höfliches Zugeständnis an den US-Präsidenten. Dann ergänzt er auf Koreanisch. „Es war nicht leicht, an diesen Punkt zu kommen, es gab viele Hindernisse. Aber jetzt sind wir hier“, sagte Kim. „Einige Leute werden denken, das ist ein Science-Fiction- Film.“ So etwas Ähnliches bekommt er dann gleich selber zu sehen, denn Donald Trump zeigt ihm einen Film, der die mögliche Entwicklung des verarmten Nordkoreas aufzeigt. Der Ex-Immobilienmogul spricht sogar über Nordkoreas Potenzial für Immobilien und Strandhotels.

„Bekommt ihr auch schöne Fotos?“, fragt Donald Trump anschließend die Journalisten. Später schlendern beide wie gute Bekannte durch das koloniale Hotel. Kim darf nach dem Essen einen Blick in das Innere der US-Präsidenten-Limousine werfen, die den Spitznamen „Das Biest“ trägt. Schließlich unterzeichnen beide die Abschlusserklärung, nach fünf Stunden verlässt die nordkoreanische Delegation das Hotel „Capella“.

Was hat Donald Trump in die Verhandlungen eingebracht?

Überraschend kündigte der US-Präsident das vorläufige Ende der gemeinsamen jährlichen Militärübungen der USA mit Südkorea an. „Die Kriegsspiele sind sehr teuer“, begründete Trump den Rückzug. Südkorea leiste seinen Beitrag für die Manöver, „aber nicht zu 100 Prozent“. Die monatelangen Militärübungen, die bereits aufgrund der aktuellen Friedensgespräche ausgesetzt waren, hatten in der Vergangenheit den Unmut Nordkoreas und auch Chinas erregt. Der US-Verbündete Südkorea reagierte hingegen am Dienstag überrascht, offenbar war der Stopp der Militärübungen nicht abgesprochen. Die Ankündigung benötige noch Diskussionen zwischen beiden Ländern, zitiert die Webseite „NK News“ Nam Gwan Pyo, Vize-Chef für Nationale Sicherheit im südkoreanischen Präsidialamt. Trump stellte zudem einen Friedensvertrag in Aussicht, die US-Wirtschaftssanktionen bleiben jedoch bestehen.

Was bekommen die USA von Kim Jong Un?

Im Moment noch gar nicht so viel. Ein Bekenntnis zur „vollständigen, überprüfbaren und nicht rückgängig zu machenden Entnuklearisierung“, wie es die US-Amerikaner gehofft hatten, fehlt jedenfalls in der Erklärung. Stattdessen verpflichtet sich Nordkorea lediglich, „auf eine vollständige Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel hinzuarbeiten“. Dafür berichtet Donald Trump weiter, dass Kim Jong Un eines seiner Raketentestzentren zerstören wolle. Im Vorfeld des Gipfels hatte Nordkorea auch drei inhaftierte US-Amerikaner freigelassen und ein Atomtestgelände zerstört.

Wie ist das Ergebnis des Gipfels zu bewerten?

Donald Trump sah den Gipfel auf seiner Pressekonferenz naturgemäß als Erfolg an. „Ich bin der größte Dealmaker“, sagte er, und er habe etwas erreicht, was seine Vorgänger nicht geschafft hätten. Dabei hat es keinen substanziellen Fortschritt gegeben, darüber sind sich die Experten einig. Der südkoreanische Vize- Chef für Nationale Sicherheit sieht als wichtigstes Ergebnis, dass die beiden Führer Vertrauen zueinander entwickelt haben.

Der deutsche Nordkorea-Experte Rüdiger Frank beurteilt den Gipfel als kleinen Schritt in die richtige Richtung. Andere sind enttäuscht. „Die Erklärung hat überhaupt keinen praktischen Wert“, schreibt der Nordkorea-Experte Andrej Lankow auf Twitter, „die USA hätten wirkliche Zugeständnisse erreichen können, aber das ist nicht geschehen.“

Wie geht es jetzt weiter?

Donald Trump setzt offenbar darauf, dass Kim Jong Un nach seiner Rückkehr mit der Entnuklearisierung beginnt. „Ich glaube, er wird sich an unser Dokument halten“, sagte er. „Ich glaube, er wird diesen Prozess starten, sobald er wieder in Nordkorea landet – ich fühle das sehr stark.“ Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) setzt weniger auf Gefühl und mehr auf Kontrolle, sie hat ihre Bereitschaft unterstrichen, eine atomare Abrüstung Nordkoreas zu überwachen. IAEAChef Yukiya Amano sagte am Dienstag in Wien, dass die UN-Behörde bei entsprechenden Bitten der beteiligten Länder einsatzbereit sei. „Die IAEA wird den nun folgenden Verhandlungen zur Umsetzung des Gipfels zwischen den USA und Nordkorea genau folgen.“ Die IAEA-Inspekteure waren 2009 aus Nordkorea verwiesen worden, kurz vor dem zweiten Atombombentest des Landes.

Ein Sprecher des chinesischen Außenamtes kündigte an, über Erleichterungen bei den Sanktionen nachzudenken, falls Nordkorea sich künftig an die UN-Resolutionen halten sollte. UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief die internationale Gemeinschaft auf, die Vereinbarung zu unterstützen. Zugleich mahnte Guterres auch zu Geduld. (mit dpa)

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