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Politik: Trippelschritt zum Frieden

Wirtschaftlicher Druck bringt Pakistan und Indien zusammen

Indische Wachsoldaten beschenkten zum Ende des Ramadan ihre pakistanischen Kollegen im Kaschmir-Tal mit Bonbons, meldete die „Times of India“; in vielen Dörfern nahe der so genannten „Line of Control“ brannte zum ersten Mal seit Jahren wieder bis tief in die Nacht hinein Licht in den Häusern. Denn seit Mittwoch gilt zwischen Indien und Pakistan ein Waffenstillstand – eine erste Stufe der vorsichtigen Annäherung im Streit um die Bergregion, bei dem allein in den vergangenen zehn Monaten rund 2000 Menschen starben. Noch vor zwei Jahren, nach dem Anschlag islamischer Extremisten auf das indische Parlament, standen beide Staaten kurz vor einem Atomkrieg. Doch in diesem April bot Indiens Premier Vajpayee Pakistan überraschend Gespräche an. Seitdem gehen die beiden Gegner aufeinander zu. Wenn auch in kleinen Schritten.

In der Vergangenheit hatten Delhi und Islamabad vergeblich versucht, den Kaschmir-Konflikt zu internationalisieren. Beobachter gehen davon aus, dass wirtschaftlicher wie amerikanischer Druck beide Staaten zu neuem Pragmatismus und einem bilateralen Lösungsversuch geführt hat. Für Indien geht es um intensivere wirtschaftliche Beziehungen nach Zentralasien und vor allem China. In Pakistan schreibt die „Daily Times“: Die meisten der 140 Millionen Pakistaner und der rund eine Milliarde Inder verstünden den „Machtkampf der Regierungen“ nicht mehr und wünschten ein Ende des Konflikts. Derzeit fließen in Pakistan, dessen Wirtschaftslage sich dramatisch verschlechtert, zwischen 30 und 50 Prozent aller Regierungsausgaben an Militär und Geheimdienste – wegen Kaschmir.

Für Pakistan sind nicht nur die Folgen des Konfliktes größer: Präsident Musharraf steht auch vor den größeren Herausforderungen. Zum einen muss er verhindern, dass weiter islamistische Separatisten aus dem von Pakistan besetzten Teil Kaschmirs in den indischen Teil eindringen – das hat Delhi als Bedingung für den Waffenstillstand genannt. Das dürfte vor allem im Frühjahr, wenn nach der Schneeschmelze die Pässe frei sind, zum Problem werden. Zum anderen dürfte die Armee sich dagegen wehren, künftig weniger Gelder zu bekommen. Das Militär aber ist innenpolitisch Musharrafs wichtigste Stütze und einer der einflussreichsten Wirtschaftsakteure in Pakistan, der unter anderem Handelsunternehmen, Hotels und Grundstücke besitzt.

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