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Mit Teheran verbündet. In der Region ist die libanesische Hisbollah ein entscheidender Machtfaktor. Im syrischen Bürgerkrieg kämpft die Schiiten-Miliz auf Seiten des Machthabers Assad. Die Europäische Union will ihr nun den Geldhahn zudrehen. Foto: Reuters

© REUTERS

Politik: Trotz aller Skepsis

Die EU ächtet die Hisbollah als Terrorgruppe – auch wenn einige Staaten Unruhe in Nahost fürchten.

Die USA und Israel haben es schon lange gefordert, nun setzt die Europäische Union den militärischen Arm der libanesischen Hisbollah auf ihre Liste zu verfolgender Terrorgruppen. Doch die EU reagiert nicht wegen der Aktivitäten in Nahost, wo sich die Hisbollah zuletzt mit Kämpfern in den syrischen Bürgerkrieg eingemischt und auf die Seite von Machthaber Baschar al Assad geschlagen hatte. Vielmehr bekommt die Hisbollah nun die Quittung für eine Reihe von Anschlägen, die sie auf europäischem Boden verübt haben soll.

Auf Zypern wurde im März das Hisbollah-Mitglied Hossam Taleb Yaacoub rechtskräftig verurteilt, weil ihm die Vorbereitung eines Anschlags auf israelische Einrichtungen nachgewiesen wurde. Auch für einen Anschlag in Bulgarien soll die Hisbollah verantwortlich sein. Eine Urheberschaft im Fall des Attentats in der Schwarzmeerstadt Burgas, bei dem vor einem Jahr fünf Israeli sowie ihr einheimischer Busfahrer getötet und 32 weitere Menschen verletzt wurden, ist zwar nicht einhundertprozentig nachgewiesen. EU-Diplomaten zufolge deuten jedoch alle Anhaltspunkte, welche die bulgarische Polizei, Europol und Interpol gesammelt haben, auf eine Aktion der Hisbollah. Nun habe sich, sagt Bundesaußenminister Guido Westerwelle, „die Erkenntnislage so verdichtet, dass diese Entscheidung notwendig ist“. Sein britischer Kollege William Hague fand drastischere Worte: „Wenn es einen Angriff auf europäischem Boden gibt, muss Europa eine starke und klare Antwort geben.“

Weil ein einstimmiger Beschluss notwendig war, hatten Briten und Deutsche im Vorfeld aktiv die noch skeptischen EU-Staaten zu überzeugen versucht. Dazu zählten Tschechien, Irland und Malta, die vor allem negative innenpolitische Auswirkungen im Libanon befürchteten, wo der politische Arm der Hisbollah in die Regierung eingebunden ist. Diese sei in dem fragilen Umfeld „kein unwesentlicher politischer Faktor“, sagte auch Westerwelle. Diese Bedenken wurden nun dahingehend ausgeräumt, dass die EU-Außenminister zugleich eine Zusatzerklärung verabschiedeten. Darin heißt es, die EU bleibe „voll der Stabilität des Libanon verpflichtet“. Sollte sich die Entscheidung dennoch negativ auf die Sicherheitslage der europäischen Soldaten auswirken, die an der UN-Mission Unifil teilnehmen, kann die Entscheidung alle sechs Monate revidiert werden.

Wie genau sich die Listung der Miliz als Terrororganisation auswirken wird, ist noch nicht ganz klar. Zwar sind die Behörden in allen 28 EU-Mitgliedstaaten fortan berechtigt, die Konten einzelner Hisbollah-Mitglieder einzufrieren. Doch machten die Außenminister keine Angaben über die Größenordnung der in Europa vermuteten Vermögen. So ist beispielsweise bekannt, dass die Hisbollah größere Summen in Lateinamerika geparkt hat, um ihren Kampf zu finanzieren.

Unterdessen ist das Attentat von Burgas noch lange nicht aufgeklärt. Ein Jahr nach dem Verbrechen haben die bulgarischen Ermittler erst vor kurzem von ihren israelischen Kollegen 600 Seiten Vernehmungsprotokolle der Augenzeugen erhalten. Die zum Teil schwer verletzten israelischen Touristen waren nach dem Attentat nach Israel ausgeführt worden, noch bevor sie die bulgarischen Behörden hätten vernehmen können. Bekannt ist lediglich, dass der Unbekannte einen gefälschten Führerschein auf den Namen Jacque Felipe Martin bei sich getragen haben soll. „Es wurden noch nicht genügend Beweise ermittelt, um gegen eine oder mehrere Personen Anklage erheben zu können“, fasst die zuständige Staatsanwältin Kalina Tschapkanova den aktuellen Ermittlungsstand zusammen.

Vor einigen Tagen sorgte der Ende Mai ins Amt eingeführte Innenminister Tsvetlin Jovtschev mit der Aussage für Verwirrung, „die Tatsache, dass die Identität der Attentäter noch unbekannt ist, zeugt von ihrem Professionalismus“. Er schien damit seinem Amtsvorgänger Tsvetan Tsvetanov zu widersprechen, der die Identität der beiden Komplizen bereits genannt hatte. Tsvetanov hatte schon am 5. Februar 2013 die „begründete Annahme“ geäußert, die Hisbollah sei Urheber des Attentats von Burgas gewesen.

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